Das hier zu sehende frühlingshafte Motiv ist einige Jahrzehnte alt. Dazu schreibt Wolfgang Marlow aus der Jamnoer Hauptstraße in Forst: „Im Kulturhaus der Textilarbeiter (im Volksmund: Schützenhaus) fanden viele Veranstaltungen statt. Ich erinnere mich noch, Ende der 50er Jahren war da ein Raum mit einem Fernseher. In diesem kamen die Forster, die keinen Fernseher besaßen, um die Friedensfahrt mitzuerleben. Schön war auch der Biergarten, rechts daneben mit einer kleinen, hölzernen Bühne. Kinder, deren Eltern in der Ostdeutschen Tuchfabrik arbeiteten, bekamen im Saal ein kleines Geschenk zur Weihnachtsfeier überreicht. Auf der Bühne wurden Theaterstücke von Schülern gespielt. Achim Menzel sang da schon sein ‘Major Tom’. Ich hatte da auch zu einem Geburtstag meine Musikanlage aufgebaut. Mein Vater musste bei einer Veranstaltung Brandschutzwache schieben. Eine englische Band spielte so laut, dass die Wände wackelten und die Uhr von der Wand runterfiel. Schade, dass dieses Haus 2006 abgerissen wurde“.
Das bedauert auch Klaus Reiter aus Cottbus: „Leider gibt es dieses schöne Schützenhaus schon lange nicht mehr. Der Standort war die Richard-Wagner-Straße. Anfang 1970 war es dann das Kulturhaus der Textilarbeiter. Nach dem Umbau war der Eingang rechts im Glasanbau. Man steckte 4,5 Millionen Mark in den Umbau, um es bald nach der Wende abzureißen. Übrigens verkaufte hier Herr Winkler bei Veranstaltungen die beste Bratwurst. Im Schützenhaus befand sich auch eine Tanzschule. Bei Cläre Schmidt konnte man bis in die 1970er Jahre das Tanzen erlernen. Danach übernahm die Tanzschule Fritsche aus Cottbus die Kurse. Zum Schützenhaus gehörten auch eine Kegelbahn, eine Schießbahn und ein Biergarten. Auf dem Schützenplatz gastierte auch der Zirkus Busch.“
Jens Pumpa, ebenfalls aus Cottbus bestätigt: „Das Gebäude wurde leider dem Erdboden gleichgemacht. Früher hieß es Schützenhaus. Anfang der 1970er-Jahre wurde es umfunktioniert zum Kulturhaus der Textilarbeiter. Das alte Schützenhaus war die einzige große Saalgaststätte im unmittelbaren Stadtgebiet.“
Margitta Bartel berichtet: „Das Foto zeigt eine Aufnahme von den 1950er Jahren oder früher. Aus meiner Kinderzeit kann ich mich noch sehr gut daran erinnern. Im Außenbereich befand sich ein schöner Pavillon für Musikveranstaltungen, ebenso Gartentische/-bänke. Auch nach der Sanierung ab ca. 1978 wurde es sehr viel genutzt für Veranstaltungen jeglicher Art, z.B. Jugendweihen bis 1990. Im Jahr 2006 erfolgte der Abriss nach jahre- langem Leerstand. Schade. Heute erinnert nichts mehr daran.“
Der Name Richard Wagner fällt nicht nur im Zusammenhang mit der Straße, sondern auch bezogen auf ein Musikerlebnis. S. Sachse schreibt erinnernd: „Ein ähnliches Foto gab es an dieser Stelle schon vor einigen Jahren. Damals erzählte ein Leser vom Auftritt einer berühmten Sängerin: ‘Eine Bergsche (aus dem Stadtteil Berge Kommende) aus der Pförtner Straße, deren Eltern ihre Bäckerei genau gegenüber der Klempnerei von meinen Großeltern betrieben, und die zu den besten Wagnersägerinnen ihrer Zeit gehörte.’ Gemeint war dabei Hilde Scheppan (17.9.1907-24.9.1970), die wohl bekannteste Tochter dieses Stadtteils jenseits der Neiße. Sie hat in Bayreuth alle großen Partien ihres Fachs gesungen, stand von 1937 bis 1943 und auch nach 1950 alljährlich bei den Wagnerfestspielen auf der legendären Bühne. Ich habe mich dann für die Sängerin interessiert und Tonaufnahmen gefunden. Schon 1935 war die Forsterin hochgeschätzte Sopranistin an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Ab 1937 gastierte sie in jeder Spielzeit bei den Bayreuther Festspielen und sang die großen Partien im Ring des Nibelungen. Neben Werken von Richard Wagner bevorzugte sie Richard Strauss und auch Verdi-Rollen. Nach dem Krieg sang Hilde Scheppan noch bis 1954 mit großem Erfolg in Ost- Berlin, wohnte aber in Charlottenburg. Später war sie an der Stuttgarter Oper fest engagiert und gastierte in Amsterdam, Hamburg, Wien, Zürich, München und auch nahe ihrer Heimatstadt in Dresden. Sie wohnte zuletzt in Bayreuth – in der Richard-Wagner-Straße. Nach ihrer Bühnenzeit war sie Professorin an der Münchner Hochschule für Musik und Theater. Ich Liederabend hier im Forster Schützenhaus muss wirklich eine Sensation für Liebhaber gewesen sein.“
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