Guben: Turnhalle am Hamdorffplatz

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Turnhalle am Hamdorffplatz

Scheinbar keine schwere Aufgabe war unser letztes Rätselbild. Karl-Heinz Haigold mailte uns: „Bei dem Bild handelt es sich um die Turnhalle am Hamdorffplatz zwischen Klos-termauer, Neustadt und Turnergasse. Auf der gegenüberliegenden Seite der Turnergasse befand sich das Gymnasium. Wir haben in der Klostermauer gewohnt. Ich habe in der Turnhalle selbst Sportunterricht gehabt und viele Sportveranstaltungen gesehen. Leider wurde die Turnhalle auch für politische Veranstaltungen der Nazis genutzt, an denen wir als Schüler teilnehmen mussten.“
Von Marianne Giesa erfuhren wir: „Hier hat die Turn- und Sportgemeinschaft TUS trainiert, während des Krieges fanden dort dann Turnwettkämpfe statt. Dort war noch ein Sportverein, Reipo hieß der. Wir haben öfter Wettkämpfe gehabt. Die TUS hatte einen wunderbaren Übungsleiter, Herrn Ernst Feuerstein. Von dem konnte man im Turnen als auch als Mädchen viel lernen. Dort trainierte auch der allerbeste Turner von Guben, Heinz Fenske. Er brachte an den Hochringen als Einziger den doppelten Salto. Er war unbestritten der allerbeste Turner in der ganzen Gegend. Durch den Sport war es meine herrlichste Zeit in den schlimmen Kriegsjahren. Ich treffe mich heute noch mit verschiedenen Leuten von damals und bin schon 81 Jahre alt.“
Ingeborg Lehrack erzählte am Telefon: „Es ist die Turnhalle zu sehen. Sie stand früher auf dem Hamdorffplatz und zwar zwischen Salzbachstraße und Turnergasse. In dem Haus links von der Turnhalle habe ich früher oft bei der Großmutter gewohnt und aus dem Fenster geschaut. Im Winter 1944/45 sind die Flüchtlinge von Ostpreußen dort verpflegt worden. Ob sie dort untergebracht waren, weiß ich nicht mehr, aber sie wurden dort verpflegt. Das war ein sehr erschütterndes Bild, wie sie dort mit ihren Pferden auf dem Hamdorffplatz standen.“
Otto Schulze wusste ebenfalls genau Bescheid: „Ich hatte eine besondere Beziehung zu der Turnhalle und dem Gymnasium, das gegenüber stand. Ers-tens war ich dort Schüler und zweitens war einer meiner Vorfahren, mein Urgroßvater Dr. Karl Hamdorff, von 1884 bis 1914 Direktor.
Mein Urgroßvater war auch Ehrenbürger der Stadt Guben, die Ehrenbürgerschaft wurde ihm 1909 feierlich verliehen. Der frühere Getreidemarkt wurde zu seinen Ehren in Hamdorffplatz umbenannt, das ist aber auf der polnischen Seite von Guben.“
Joachim Winkler erinnerte sich: „Die Turnhalle wurde in den Jahren 1862/63 erbaut. Der Spruch über der Eingangstür ‘Gut Heil’ war der Sportlergruß derjenigen, die damals nach dem Grundsatz ‘Frisch-Fromm-Fröhlich-Frei’ turnten. Durch die Eingangstür kam man zuerst in einen Vorraum und von diesem durch eine zweiflügelige Tür in die Halle. Vom Vorraum ging außerdem links eine Treppe hinauf zur Galerie, eine Art Empore, die die ganze Südseite einnahm und auf der das Umkleiden erfolgte. Von dieser Galerie gelangte man über eine weitere Treppe hinunter in die Halle. An der Stelle der Turnhalle befindet sich heute eine freie Fläche mit Verkaufsbuden für Korb- und Tonwaren.“
Reiner Ladewig ergänzte: „In der NS-Zeit wurde die Halle im Winter auch für die Ausbildung von HJ (Hinterjugend) und BDM (Bund deutscher Mädel) genutzt. Meine Mutter als Pflicht-BDM-Mitglied musste auch häufig dort hin, bevor sie 1944 zwangsdienstverpflichtet nach Cottbus zur Luftwaffe musste.“