Wer heute Produkte aufzählen möchte, die aus der Lausitz kommen, muss ein Weilchen überlegen. Früher waren es vor allem Textilien, auch Hüte, Maschinenbauteile, Möbel, Steinzeug und vieles mehr. Aber auch Klaviere und Konzertflügel aus Forst gehörten dazu, wie Klaus Reiter erkannte: „Es handelt sich um die Flügel- und Pianofabrik in Forst, Cottbuser Straße, 1872 von Gottlob Philipp gegründet. Eigenartig ist, dass man nichts im Internet findet. Ich bin auf den Beitrag gespannt.“ Dennoch kamen viele richtige Antworten und zahlreiche Erläuterungen. Wolfgang Marlow aus Forst nennt auch gleich eine Informationsquelle: „Natürlich handelt es sich hier um Gottlob Philipp und seine Flügel + Piano Fabrik in Forst. Diese kenne ich noch aus den 60er Jahren. Linke Seite auf dem Bild (das hat er vergessen beizufügen) war der Eingang zum Laden. Ich spielte damals die Flachtrommel im Forster Fanfarenzug der Oberschule 1. Ich musste mir die sogenannten ‘Schwalbennester’ dort kaufen. Diese wurden dann an das FDJ-Hemd und bei der Uniform an die Schultern angenäht. Die Trommelstöcke kaufte ich auch dort. In Erinnerung habe ich noch, dass da Gitarren rumhingen, und die Seiten lagen in der Vitrine. Als Nachschlagewerk würde ich das Buch ‘Die Axt am Klavier’ von der Autorin Ingrid Ebert empfehlen.“ Den Klavierbauer gab es also nicht mehr. S. Sachse entnimmt seinen Aufzeichnungen: „Die Fabrik hatte den Krieg überdauert, aber in der Notzeit haben die Forster das viele Jahre gut abgelagerte Holz verfeuert. An Neuproduktion war also nicht zu denken. Philipp verlegte sich auf Reparaturen, das Klavierstimmen und den Musikalienhandel.“
Rainer Wollmann aus Kolkwitz schreibt: „Die Firma Philipp, die u.a. Klaviere herstellte, hat mich an meine Jugend in den 1950er Jahren erinnert. Seinerzeit war es modern, dass Kinder Klavierunterricht nehmen mussten. Da ich nicht musikalisch begabt war, geriet für mich jede Unterrichtsstunde zur Qual; ich wurde vom Unterricht befreit. Zum Rätselbild. Als Tischler hatte Gottlob Philipp auf der Walz in Wien Klaviere bauen gelernt. In seiner 1872 gegründeten Pianofabrik stellte er jährlich ca. 400 Klaviere her, die in die ganze Welt exportiert wurden. Philipp erfand ein Klavier zum Auseinandernehmen, welches innerhalb einer halben Stunde wieder zusammengebaut werden konnte. Er erhielt dafür auf einer Musikinstrumentenausstellung 1888 eine Goldmedaille. Der Sohn des Gründers, Gerhard Philipp, wurde nach dem Krieg ein bekannter Klavierstimmer.“
Brigitte Albrecht aus Cottbus hat diesmal lange überlegt: „Die ganze Sache hat mich an meine Jugend erinnert“, meint sie. In Ihrer Kindheit hat das Ströbitzer Urgestein Klavierunterricht erhalten. Die Erinnerung sagt mir: Es waren zwei Klaviere – ein braunes und ein schwarzes. Aber ob eins davon aus Forst war…?“
Manfred Gnida aus Spremberg notiert ausführlich: „Diese Firma in Forst schaffte es in ihrer Branche zum Weltruhm. Eigentlich hatte Gottlob Philipp das Müllerhandwerk gelernt, aber er ging später als Tischler auf Walz und lernte in Wien Klavierbauer. Zurück in Forst, setzte er das Gelernte in die Tat um und baute in handgefertigter Manier Klaviere mit besonderer Mechanik und Klaviaturen. So entstand ein Klavier zum Auseinanderbauen, was Möbelträger sehr zu schätzen wussten. 1888 reiste er zur Musikinstrumentenausstellung nach Frankfurt a.M. und baute sein Klappwerk dort auf. Das überzeugte und brachte eine Goldmedaille ein. Medaillen für seine Arbeit und Produkte gab es, wie im Bild ersichtlich, reichlich. In Werbeanzeigen konnte man damals lesen: ‘Piano und Flügel in unübertroffener Haltbarkeit und Tonfülle liefert die Pianoforte-Fabrik G. Philipp, Forst-Lausitz, gegr. 1872. Höchste Auszeichnung der Internationalen Ausstellung für Patent- und Musterschutz in Frankfurt a.M. sowie bei allen bisher beschickten Ausstellungen. Viele Anerkennungsschreiben höchster Musikautoritäten sowie Besitzer der von mir gelieferten Pianos in Berlin, Leipzig, Dresden und in allen Weltteilen. – Ausführung nach ausgesprochenen Wünschen zu jeder Zimmereinrichtung passend. – Sämtliche kleine Musikinstrumente und deren Bestandteile auf Lager.’
Beworben wurden auch Kunst-Klavierspiel-Apparate ‘Symplex’. Da steht dann: „Das Beste und Vollendetste dieser Art mit vorteilhaften Noten-Abonnement stehen zur Auswahl den geehrten Herrschaften zur gefälligen Ansicht. Alt-Instrumente werden in Zahlung genommen. Reparaturen aller Systeme werden prompt und gut ausgeführt.“ Solche Werbung konnte man im Welt-Adressbuch der gesamten Musikinstrumenten-Industrie von 1912 lesen, wie auch: ‘Philipp-Pianos edler Toncharakter, moderne Ausstellung. Erste Lausitzer Pianoforte-Fabrik G.Philipp, Inhaber Bernhard Philipp, Forst L., Cottbuser Str. 64.’ Im Forster Jahrbuch von 2005 wird über die Firma berichtet. Bernhard Philipp übernahm damals die Leitung der Fabrik, und der Enkelsohn von Gottlob, Gerhard, schaute schon begeistert der Fertigungen der Instrumente zu und baute später 1926 seinen ersten Flügel. Leider brachte der II. Weltkrieg eine Wende in der Firmengeschichte, denn Gerhard wurde Soldat, geriet in Gefangenschaft, aus der er 1946 heimkehrte. Die Pianoforte-Fabrik hatte den Krieg fast unbeschadet überstanden, aber Material und Werkzeuge waren verschwunden. Mit Hilfe eines russischen Kommandanten sollte ein Neuanfang der Produktion erfolgen. Leider kam es nicht mehr dazu. Bis ins hohe Alter blieb Gerhard der Musikgeschichte verbunden und der Klavierbaumeister betätigte er sich seit 1948 als Klavierstimmer. Ein aufgearbeiteter Flügel war im Cottbuser Presse-Cafe DoppelDeck und ein Harmonium von ca. 1880 im Heimatmuseum Herrnhut zu sehen und zu hören.“
Michaela Böhme mailt: „Die Piano-Fabrik von Gottlob Philipp stand in Forst (Lausitz). Leider ist das Fabrikgebäude inzwischen längst abgerissen.
Einen sehr interessanten Beitrag dazu findet man übrigens im Forster Jahrbuch für Geschichte und Heimatkunde 2005 von der Journalistin Ingrid Ebert. Ich finde die Abbildung sehr interessant und wüsste gern die Quelle derselben.“ Die Anzeige findet sich im Archiv des CGA-Verlages, wo es auch Informationen über mehr als 200 Veranstaltungsfolgen der Reihe „PolitPiano“ gibt. „Polit“ stand für das Schwerpunktthema der Donnerstag-Gespräche, „Piano“ für Musik vom weißen Philipp-Stutzflügel, der stets einen halben Ton zu tief lag. Der Klavierstimmer wagte nicht, die Wirbel der Saiten fester in die Buchsen zu schlagen, weil die aus Messing waren und platzen konnten. Das Instrument hatte immerhin schon damals 100 Jahre auf dem Buckel.
Auch Jens Pumpa aus Cottbus hat Forst als Musikstadt entdeckt: „Die Pianofabrik von Gottlob Philipp, gegründet 1872, fertigte 1886 in Forst das Piano-Harmonium.“ Christine Netzker schreibt: „Die Flügel- und Pianofabrik war in Forst gegründet worden. Leider ist das alles, was ich herausfinden konnte.“
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