Wien trauerte um Wilhelmi aus Schlichow
Damals war´s | Von CGA Verlag | 29. April 2022Als die schwarzen Pferde an jenem 2. Mai vor 170 Jahren (1852) den Sarg zum Wiener Friedhof zogen, standen die Trauernden „Kopf an Kopf die endlose Straße entlang, und aus allen Fenstern schauten sie traurig, dem geliebten alten Wilhelmi den letzten Scheidegruß nachzusenden. Ich glaube, er hatte keinen einzigen Feind.“ Theaterdirektor, Schriftsteller, Dramatiker und Pückler-Vertrauter Heinrich Laube aus Sprottau (Sprotawa) beobachtete so, als sich die Welttheaterstadt Wien von ihrem Königlichen Hofschauspieler Friedrich Wilhelmi verabschiedete. Vor 200 Jahren am 12. April war er ans berühmte Burgtheater gekommen und hatte dort drei Jahrzehnte vor allem in heiteren Rollen das Publikum begeistert. Als der „sorglose Vater des Lustspiels“ ist er in die Wiener Theatergeschichte eingegangen und dort bis heute gegenwärtig.
Geboren ist „Wilhelmi“ 1788 als Friedrich Wilhelm von Pannwitz in Schlichow, heute ein Ortsteil von Cottbus direkt am künftigen Ostsee. Dort steht, bereit zur kompletten Sanierung, sein Elternhaus, das um 1780 errichtet worden ist. Dieser Pannwitz-Zweig, entfernt verwandt mit dem unglücklich geendeten Heinrich von Kleist, dessen Eltern aus Werben und Guhrow stammten, galt als „unbegüterter Adel“. Das brachte die im preußischen Landadel typische Bestimmung für einen gesunden Familiensproß mit sich: Der Bursche stieg mit 19 in die Offizierslaufbahn ein. Als Leutnant war er in Blüchers Gefolge aktiv, musste aber bald abdanken. Offenbar in seiner Cottbuser Kindheit schon fürs Theaterspiel begeistert, war er schon vorm Militär als Jüngling ans Liebhabertheater für Adlige in Dresden geraten. Nun zunächst brotlos, fand er durch persönliche Kontakte ans weitaus berühmtere Prager Theater. Sein Talent fiel auf, und er lernte bald bedeutende Leute kennen, die ihm eine Gastvorstellung am Wiener Burgtheater ermöglichten. Wie in Prag gab Wilhelmi auch in Wien zunächst Schurken, Intriganten und treffliche Charakterrollen, unter anderem Wachtmeister Werner in Lessings „Minna von Barnhelm“. Seine große Zeit aber hatte er später in heiteren Rollen. Laube schreibt: „Seine pulsierende Lebensfrische war so kräftig, sein Ton so ehrlich und wahr und unmittelbar, dass jedermann sympathisch von ihm angemutet wurde und angeregt.“ Er sei eine Begabung gewesen, die keine Schauspielschule nötig hatte – „ein schlank und gesund aufgewachsener Baum, der keines Gärtners bedurfte“.
Ganz unversehens brach der „Baum“. Laube sah ihn gebeugt im spanischen Kostüm hinter der Bühne leiden. „Was ist, Wilhelmi? Schmerzen?“ „Schon, aber“, so der Mime: „Dummes Zeug bei einem alten Kriegsmanne. Vorwärts!“ Es wurde sein letzter Weg zur Bühne.
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