Kommentar: Am „Nischel“ rumort es
Kommentare | Von CGA Verlag | 31. August 2018Wenn der Chemnitzer die Brückenstraße oder die Gegend um den Roten Turm ansteuert, geht er zum „Nischel“. Das heißt zu deutsch Kopf. Gemeint ist die überdimensionierte Karl-Marx-Büste, die lange nicht so oft ins Fernsehen kam, wie diese Woche.
Am Nischel rumort es. Aber nicht nur dort. Sondern in vielen Köpfen dieser Republik, vornehmlich im Osten.
Selten hat diese Unruhe mit „Rechts“ zu tun, auch wenn jegliche Recherche nur danach gräbt.
Wenn viele tausend Sachsen nach einem gräßlichen Mord trauernd einen Menschenzug bilden, muss etwas tief hämmern in deren Köpfen, das sie nicht ruhen lässt. Das mag die Angst sein, die ihnen Fremdes macht, das vor schwächelnder Politik ausufert. Aber da drücken auch die Schatten vergangener fast dreißig Jahre, die auf den betroffenen Gemütern liegen.
Ramelow, der thüringische Ministerpräsident, versucht zu verstehen und prangerte jetzt Treuhand-Fehler an, die „Jobs“ vernichteten. In diesem einzigen Wort schon steckt der Irrtum. Menschen hatten in der DDR keine „Jobs“, mit denen sie in möglichst wenig Zeit viel Geld erstrebten. Sie hatten Arbeitsplätze. Die waren der Mittelpunkt ihres Lebens. Sie waren stolz auf ihren Betrieb, ihr Kollektiv, ihre Erfolge. Sie zählten selten die Stunden und feierten zusammen. Die Idee, diesen ihren Lebensplatz zu verlieren, kam überhaupt niemals vor.
Bis das dann doch geschah. Erfolgreiche (West-)Unternehmen investieren heute viel Geld und Geist, um in ihren Firmen dieses Wohlfühlklima zu schaffen. Nicht selten gibt’s Duschen gleich beim Arbeitsplatz, Sonnenpausen, Feste und Ausflüge.
Aber solche Unternehmen sind nicht hier. Nicht in Chemnitz, selten in Cottbus. Das rumort in den Nischeln.
Danke für Ihren ehrlichen Beitrag !
Viele Medien, deuten dagegen wieder mal nach Art der Kaffeesatzleser oder
der selbsternannten Extremismusexperten, wieso in Chemnitz, wieso in Sachsen.?
( diesmal nicht Vorpommern ) Wieso diese Zuspitzungen nach einem Mord.
M o r d , nicht „Todesfall „ wie jetzt gern umschrieben. Die ausländischen Wurzeln des Toten
werden auch meist verschwiegen, Deutsche gegen Ausländer macht sich besser. Und bei einem Reporter war sogar wieder Erich Honecker schuld, weil er uns zu wenig über andere
Länder beigebracht hat. Dafür aber , nebenbei gesagt ,umso mehr über Faschisten und sogar eine strenge Gesetzgebung gegen Naziumtriebe gab es und die stand bekanntlich nicht nur auf dem Papier !
Doch geht es darum ? Geht es überhaupt letztendlich um Ausländer, um Rechts gegen Links, die uralten Ablenkungsformeln ? Wenn bei solchem Auslöser die sonst so viel gerühmten sozialen Netzwerke im Handumdrehen Zehntausende mobilisieren und viele auch radikalisieren, dann muss man doch an eine sich ziemlich zuspitzende gesellschaftliche Krise denken.
Das ist schlichtweg Alltagsfrust ! Da sind viele auf der Straße, die vor 28 Jahren eine Einheit bejubelten, die heute noch keine richtige ist. Gespaltene Gehälter, gespaltene Renten, abgewickelte Betriebe mit heutigem Hauptbetriebsteil und Hauptsteuerempfänger in Bayern, Zweiklassenmedizin, unbezahlbare Wohnungen in einst volkseigenen, den Bürgern weggenommenen und Immobilienfirmen zum Wucher für wenige Mark überlassenen Häusern.
Auch die Stätten der Alterspflege werden immer unbezahlbarer.
Das ist der so immer mehr gefühlte verschaukelte Ostbürger – jetzt sinnigerweise noch für
ein gleichnamiges Einheitsdenkmal vorgesehen, vor dem einstigen Palast der Republik !!
Beamte im Regierungsanzug streiten sich um Rentenformeln für 2040,2049 ! ganz laut .
Aber streiten sich Sozialdemokraten um gerechte Löhne heute, um erzwungene Kurzarbeit,
Mindestlohn, befristete Verträge, darum, dass Menschen von ihrem Gehalt allein nicht den Alltag bewältigen können und für sie schon deshalb die Rente in 20 , 30 Jahren höchst unsicher ist. Gerechte Verdienste, Sozial- und Gesundheitsleistungen und Verpflichtungen
für alle könnte man s o f o r t beschließen, wenn man nur will .
Da braucht es nicht viel um – auch radikal – auf die Straße zu gehen. Nach mehr Polizisten zu rufen, das ist einfach. Die einen zieht es dabei nach Rechts – nicht alle sind Schläger – andere
nach Links. Die meisten aber, das sollte niemand vergessen werden immer mehr die Schar der
Nichtwähler, derer, die zuhause bleiben vergrößern.
So kommt es, dass für Politikerstatements, für Redakteure, Moderatoren und die manipulierten, so genannten „Straßenmeinungen „ Ausländer immer wieder als Alibi für eine verzerrte Gesellschaft herhalten müssen , selbst in Gegenden ,in denen kaum andere Hautfarben angesiedelt sind.
Heinz Willman
03130 Spremberg
Kochsdorfer Weg