Die Zeit der Narren

H_kommentar_wpSpöttern liegt’s sofort auf der Zunge: Die haben wir doch immer, die Zeit der Narren. Vom Wulff-Prozess bis zu den störrischen Ordnungsämtern der Region: Deutschlands Gerichts-, Politik- und Verwaltungssäle sind zu Kajüten eines Narrenschiffs verkommen.
Dabei: Wirkliche Narren, wie sie etwa bei Hofe oder in der Weltliteratur unterwegs waren und sind, verstehen sich ja eigentlich als die schelmisch getarnten Weisen. Denen stehen die Jecken nahe, die in diesen Tagen in die Bütt klettern oder auf großen Wagen durch die karnevalistischen Hochburgen rollen. Unser Cottbus hier in der Lausitz ist eine der östlichsten davon.
Zu hunderten säumen die Schaulustigen an diesem Sonntag den Weg des Zuges der fröhlichen Leute, und sie hoffen, dass sich da nicht nur bierseeliger Übermut und ohrenbetäubender Lärm verbreiten, sondern intelligent Stellung bezogen wird zu  den Skandalen der Zeit. An Stoff mangelt’s wahrlich nicht. Ob es die Vereine aus Forst-Sacro, die Pumpschen aus Spremberg, die Drebkauer oder die nimmermüden Kolkwitzer sind – sie nehmen lokales Versagen und bundespolitisches Scheitern mit gnadenloser Schärfe lustvoll aufs Korn. Und die Cottbuser sowieso, jedenfalls in ihren Saalsitzungen, in denen die Wogen dieses Wochenende und bis Rosenmontag hoch schlagen.
Eher untergegangen ist der Fakt, dass der Karnevalsumzug – von langen Unterbrechungen abgesehen – 60-jähriges Jubiläum begeht. 1954 zogen die Cottbuser erstmals nach köllscher Manier durch die Stadt. Zwei Jahre später kamen Tünnes und Scheel in Form, geißelten Mängel und – wurden verboten. Wenigstens die Gefahr besteht heutzutage nicht.