Kommentar: Auferstehen

Alle Welt freut sich auf Ostern. Frohe Ostern, wie es landläufig heißt, ohne dass noch jemand bedenkt: Vor Ostersonntag, dem Tag der Auferstehung, ereignet sich am Karfreitag der Kreuzestod. Kaum jemand hat ihn je hingebungsvoller beklagt, als der in der Niederlausitz hochverehrte Lübbener Pfarrer und Liederdichter Paul Gerhardt (1607-1676). Sein „O Haupt voll Blut und Wunden“ ist eine lange und klagende, aber auch ermutigende Andacht in neun Strophen. „Wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein“, heißt es da. Wer so singt, mag an die Not der Flüchtlinge und die Angst derer denken, die Corona nicht leicht wegstecken. Doch dieser Tage fragt sich mancher, warum Gotteshäuser, die Gläubigen Kraft geben können, an Karfreitag, Ostern und allen anderen Tagen geschlossen bleiben müssen, während Bau- und Gartenmärkte offen haben. Es zittern die Zweifel und Selbstvorwürfe im Angesicht des Gekreuzigten: „Ich hab es selbst verschuldet, was du getragen hast.“ Doch dann kommt so wundersam dieses Ostern, diese Auferstehung am dritten Tag, dieses höchste Fest der Christenheit – mit verriegelten Kirchentüren.
Das ist ein falsches, ein erbärmlich zweifelndes Signal, ganz gleich, ob jemand gläubig ist oder nicht. Der Auferstandene gemahnt zu Vernunft, zur couragiert-selbstbewussten Auferstehung, so wie Goethe es im Wohlbekannten „Osterspaziergang“ dichtete: „Denn sie sind selber auferstanden. Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, aus Handwerks- und Gewerbesbanden…“
In Übereile haben nötige, aber kleinliche Entscheidungen unser Leben überzogen, die nun verwaltet und abstrafend verfolgt werden. Ratlos schaut die Handwerwerksmeisterin, blicken der Wirt und selbst der fahrende Künstler auf die Leere in sonst „quetschenden Gassen“. Was allein hilft, ist baldiges Auferstehen! J.H.

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