Manche junge Familien heften sich ein Schild an ihren Kleinwagen: „Baby an Bord“. Sie sind stolz auf ihren Nachwuchs und wollen möglichst keine Hektik im Straßenverkehr.
Wenn es nach dem Gesetzgeber geht, bekommt die Aussage bald einen Bedeutungswandel. Immer häufiger und für immer längere Stecken sollen nicht nur Babys, sondern auch Gebärende „an Bord“ sein. Denn wenn immer mehr kleine und feine Geburtenkliniken schließen, haben werdende Mütter aus dem flachen Lande bald locker eine Stunde oder mehr Fahrweg zum Kreißsaal – falls der gerade Dienst haben sollte. In manchen Bundesländern gibt es schon Geburtenkliniken, die nachts und an Wochenende geschlossen bleiben. Hallo, kinderfreundliches Deutschland!
Jüngste Sparvorstellungen sollen demnächst auch das lieblichste der Lausitzer „Storchennester“, die Geburtenstation der Lausitzklinik Forst, treffen. Jetzt werdende Mütter sind vielleicht noch in Altdöbern geboren. Die vielgerühmte Frauenklinik dort wurde gleich nach 1990 geschlossen. Heute wählen viele Mütter auch aus Cottbus und dem ganzen Spree-Neiße-Kreis Forst als Ort der Geburt. Der Ruf der Klink ist erstklassig, 360 Kinder kommen hier jährlich zur Welt, nahezu täglich eins. Das ist aber für die Spitzrechner und auch für die deutschen Kassenärzte nicht genug. Mindestens 500 müssen es sein, sonst geht das Licht aus. Maßnahmen für einen Babyboom lassen sich in einem quasi kriegstreibenden, inflationären Land schwer vorstellen. Also wird völlig schamlos, ohne Skrupel schon dem werdenden Leben zugesetzt.
Kein Zweifel: Auch große Klinken arbeiten gut, bemühen sich um menschliche Wärme. Bei komplizierten Verläufen sind sie klar im Vorteil. Aber wer wollte kleineren Häusern mit langer Erfahrung – das in Forst besteht seit 128 Jahren – die fachliche Kompetenz absprechen? Nein, das Wochenbett ist kein Ort, sich gesund zu verdienen. Hebammen sind schon lange empört über dieses kaltschnäuzige „Baby an Bord“ der gesundheitspolitischen Pfennigzähler. J.H.
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