Kommentar: Damals war’s

Cottbus feiert gerade noch den 50. Geburtstag der Stadthalle. Als die eröffnete und im „Sternchen“ schon seit sechs Jahren Eis geschleckert wurde, lag die Gründung der DDR gerade erst 26 Jahre zurück – Und kaum jemand hat der Zeit davor nachgetrauert. Ja, sicher, zum Montagsfilm mit Heesters und Rühmann und der Sandrock vereinten sich Familien und Nachbarn vorm Fernseher. Aber das war’s dann auch. – Jetzt, 76 Jahre nach Gründung des Staates mit dem Schwur von Buchenwald: „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“, sind schon 35 (eigentlich 36) Jahre vergangen seit dem Ende der DDR. Und sie geistert zunehmend lebendig durch die Köpfe, nicht nur der schlohweißen Häupter. Dienstag war „Tag der Republik“, früher ein Feiertag voller Volksfeste und Einweihungsfeiern – eben auch der Stadthalle, des „Sternchens“, der Sprem als Boulevard und vielem mehr. Ja, „damals war’s“ wird noch gern über jene Ereignisse erzählt, aber die letzten, die erwähnt werden, sind die Millionen-Demo am 4. Oktober 1989 in Berlin und dann der Mauerfall am 9. November. Späteres gibt es kaum im kollektiven Gedächtnis, auch nicht den als Einheitstag angeordneten 3. Oktober 1990.

Auch wenn in Festreden, so jetzt im Saarland, der „Mut der Ostdeutschen“ gelegentlich etwas von oben herab gelobt wird – ein einig Vaterland konnte durch den „Anschluss“ nicht entstehen. Den Ostdeutschen blieb die alte Erwartung an staatliches Handeln im Blut. Es sollte immer alles gut sein, wenn es das auch längst nicht für jedermann war. Heute ist so vieles gut: das freie Reisen, die Möglichkeit, eigene Häuser zu bauen, Zugang zu Schulen und Universitäten zu haben, Vereine zu gründen und in ihnen Interessen zu leben und manches mehr. Wer will, kann auch den Jahrestag der DDR feiern. Freiheit ist hohes Gut, nicht nur „Einsicht in Notwendiges“. Wäre da noch überzeugender Friedenswille – alles wäre prima. J.H.