Es trug sich ein großer politischer „Bahnhof“ in Sachen Bahn diese Woche zu, und die Beteiligten gaben sich, als hätten sie die Eisenbahn soeben erfunden. Richtig ist hingegen, dass sie endlich die Bremsklötze von den Gleisen nehmen und anpacken, was längst überfällig war. Immerhin ermöglicht das Strukturhilfegesetz jetzt ein angemessenes Herangehen. Davon konnte, wie der schleppende Cottbuser Bahnhofsumbau gezeigt hat, bisher keine Rede sein. Und wenn jetzt tatsächlich alle wichtigen Strecken wieder so ertüchtigt werden, wie sie es vor 80 Jahren schon waren, dürften sich immer mehr Reisende über kurze Bahnsteigdächer, fehlende Rolltreppen und dürftige Toiletten wundern.
Die entscheidende Botschaft betrifft das Jungbrunnen-Projekt für das einstige Reichsbahn-Ausbesserungswerk (Raw), jetzt Bahnwerk, in dem seit mehreren Generationen angesehene Fachkräfte tätig sind. Bis vor 50 Jahren waren das noch die robusten Kesselschmiede der Dampflokzeit, danach die Diesellokschlosser und inzwischen hochspezialisierte Fachkräfte, die moderne dieselelektrische Maschinen grunderneuern und, unterstützt von Wissenschaftlern der BTU, bereit sind für Hybridforschung und andere eisenbahnrelevante Technik.
So wie Cottbus und die ganze Lausitz einst über beste Fachkräfte der Textilindustrie verfügte, deren Potenzial restlos verloren ging, gab es mit dem Raw, den Bahnbetriebwerken und der hier früher stationierten Reichsbahndirektion für den Raum Cottbus/Dresden Eisenbahn-Knowhow und Eisenbahnerehre. Es ist schwer genug geworden, letztere mit dem ausgedünnten Bahnbetriebspersonal und den gerade mal noch 420 Mitarbeitern des Bahnwerkes als regionaltypisch wahrzunehmen. Die Strukturhilfe kam kurz vor dem Verfall. Gut zu hören, dass Cottbus nun der Ort sein soll, der Deutschlands Züge wieder schnell, pünktlich und attraktiv auf Deutschlands Gleise bringen kann. J.H.
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