Kommentar: Die höheren Mächte

Für viele Menschen in Ostdeutschland und Bayern war dies keine gute Woche. Sie stehen nach kräftezehrendem Ringen gegen die Fluten als Verlierer vor Schlamm und Dreck. Alles scheint dahin. Der Ohnmacht folgte Resignation. Mit der Solidarität der Gesellschaft kann hoffentlich daraus trotziger Wille wachsen: Nun erst recht. Ranklotzen.
In unserer Region blieb es bei Angst und Einzelschäden. Die große Katastrophe konnte verhindert werden. Am schwersten getroffen war – und ist noch – Spremberg, wo aber dank stabiler und abrufbereiter Erfahrungen im Krisenmanagement der Schaden in Grenzen blieb.
Spree und Neiße, zwei Lebensadern dieser Region, haben nahe am Fluss lebende Menschen immer schon auf die Probe gestellt. Einst regelmäßig in jedem Frühjahr, seit der Regulierung durch Speicherbecken nur noch bei Extrem-Wetterlagen.
Wir fragen uns: Müssen wir nun häufiger den Flutwellen „höherer Mächte“ Tribut zollen? Seit 2002 weichte das dritte Hochwasser die Dämme durch. Geht das so weiter?
Natürlich geht das so weiter. Aber es sind nicht jene höheren Mächte, die an Verlusten und bisweilen sogar tragischen Todesfällen Schuld tragen. Wir selbst brocken uns das Desaster ein. Wir Menschen, die der Landschaft mehr genommen haben, als sie uns geben konnte und wollte. Dass Flüsse übers Ufer treten, bleibt normal. Weil sie’s aber nicht mehr können in verbauter Umgebung, die wir etwas einfältig „Kulturlandschaft“ nennen, brechen sie sich Bahn in Keller und auf Marktplätze. Immer wieder und wieder.
Niemand darf hoffen, dass der Ruf nach immer perfekteren Dämmen die Wasser der Welt aufhält.

J. Heinrich

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