Kommentar: Die weiße Taube

Pfingsten ist wieder ins Land gekommen, das große christliche Fest, zu dem wir viele (Ausflugs-)Pläne haben, mit dem die meisten von uns inhaltlich aber nur wenig anzufangen wissen. Dabei tun die Leute schon sehr richtig, wenn sie sich auf ihren Radausflügen durch die sonnensatte Lausitz der Kirchtürme erfreuen, die Gärten und Dächer der Dörfer überragen. Wer früh genug unterwegs ist, hört die Glocken läuten; zaghaft die schon älteren, hell die kleinen, eben erneuerten, festlich und weit hallend die ehrwürdig großen, darunter die eben verbesserten der Cottbuser Oberkirche. Sie, die Kirchen mit ihren Glocken und Gemeinden, sind die Stars des Festes. Denn Pfingsten ist der Geburtstag der christlichen Kirche. 50 Tage nach Ostern, dem Termin der Auferstehung Christi, erreichte die Begleiter Jesu die Erleuchtung – der „Heilige Geist“, der in der biblischen Bildsprache, die jedermann verständlich sein will, als vom Himmel kommende weiße Taube dargestellt wird. Sie ist schon im Alten Testament unterwegs, diese Taube. Noah, der alle Geschöpfe durch die Sintflut schipperte, schickte sie nach der Katastrophe als Kundschafterin aus, und als sie heimkam mit dem Ölzweig im Schnabel, war das ein Zeichen für Ruhe und Frieden auf Erden. Die weiße Taube und Jesu Friede-Fürst – eine schöne Geschichte. Ist sie wahr? Keiner weiß es. Wir haben gelernt, sie als Gleichnis symbolisch zu verstehen. Ob das, was als Nachrichten und Talk-Salat in diesen Monaten auf uns eindröhnt, wahr ist, weiß auch keiner. Als Gleichnis taugt es aber ganz gewiss nicht.
Genießen wir also den Klang der Glocken, die malerische Schönheit so liebevoll bewahrter und sanierter Dorf- und Stadtkirchen, das bunte Leben am Wegesrand, die erwachenden Mahlwerke am Deutschen Mühlentag, das Treiben auf den Spargelhöfen, die Spreewaldromantik und die Sagennächte, die weite Natur und die vielen Pfingstkonzerte. Die weiße Taube, wie sie Picasso für uns alle als Friedenssymbol zeichnete, möge uns dabei gedanklich begleiten. J.H.

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