Was waren das für Zeiten! Gleich nach der Wende, als sich unsere Gastronomie aus Konsum und HO heraus privatisiert hatte, gab es stilvolle Häuser in der Niederlausitz, und zum Martinstag wurde für Familien oder Freundeskreise „Ganze Gans“ aufgetragen, fein am Tisch tranchiert. Das Weinangebot war noch dürftig, aber der feine Vogel mit Klößen und Rotkraut oder Rosenkohl mundete. Auf der Rechnung stand er mit 90 D-Mark. In den diversen Spreewaldlokalen bekam man Brust oder Keule mit allem dazu noch für 14 bis 17 Mark. Westmark immerhin. Aber da passte der Preis zur Leistung. Für 90 Euro – um die Währungsumstellung realitätsnah einfach bei 1:1 anzusetzen – bekommt der Gast in guten Häusern heute noch maximal zwei Keulen. Das Gläschen Wein dazu, 0,125 Liter, kostet mindestens einen Zehner. Auweia!
Der Martinstag naht, und viele Menschen denken über die Martinsgans nach. Es muss ja nicht gleich eine ganze sein. Die wird auch in diesem Spätherbst, wie schon in den Vorjahren, nahezu unbezahlbar. Nicht die Gäste, sondern die Gastronomen selbst sind es, die am meisten stöhnen. Sie haben Freude an solchen Traditionsmenüs, aber wie soll sich das in der Karte spiegeln? Die Lieferanten haben gerade die Preise für polnische und ungarische Gänsekeulen erneut deutlich nach oben gesetzt. Die Personal-, Energie- und Nebenkosten sind sowieso schon schwindelerregend. Wer auf eine deutsche Gans hofft, muss wissen, dass die Tierhalter von Futter, Energie- und Tierarztkosten erschlagen werden. Da wird auch die Weihnachtsgans bestimmt nicht preiswert.
Was tun, um Liebgewordenes nicht zu verlieren? Die wirtschaftliche Lage im Land lässt wenig hoffen. So muss jeder das eigene Budget neu durchdenken. Auf das Erlebnis Gastronomie ganz zu verzichten, wäre dann die schlechteste Lösung. Schau’n wir also mal, ob dieses Jahr Brust oder Keule oder ganze Gans drin sind… J.H.
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