Kommentar: Geniale Hilfe

Wir Ostdeutschen haben immer neidvoll auf das Phänomen „Marshall-Plan“ geschaut. Der Dollar-Segen aus den USA bewirkte fast über Nacht das westdeutsche Wirtschaftswunder. Die Staaten gaben – in heutigen Wertrelationen gesehen – 141 Milliarden Dollar nach Europa, und zwar nicht nur an die alliierten Länder, sondern auch an die Feinde im furchtbaren Krieg. Außenminister Marshall hatte diese Idee, setzte sie durch und bekam dafür 1953 den Friedensnobelpreis.
Jetzt also fordern deutsche Bürgermeister – von Nürnberg über Leipzig und München bis Cottbus – vom Bund „Marshall“-Hilfen für die Innenstädte. Das klingt nicht schlecht, ist aber doch etwas naiv gedacht. Oder glaubt jemand von den kommunalen Chefs, dass sich irgendwo in dieser Bundesregierung, die gerade ein ruhmvolles Land an die Wand fährt, Friedensnobelpreis-Personal verbirgt?
Weder damals noch heute ging und geht es um das nackte Geldverteilen.
Entscheidend bleibt die geniale Idee und Strategie. 141 Milliarden für einen Kontinent in Trümmern waren ja nicht wirklich viel. Aber sie wurden nicht gedankenlos über Länder und Leute gestreut, sondern punktgenau ausschließlich als Hilfen zur Selbsthilfe eingesetzt. Der Erfolg fasziniert Historiker bis heute.
Und genau das ist der Punkt. Alle „Hilfen“, die jetzt schon vollmundig hinausposaunt werden, sind Ergüsse von politischen Eitelkeiten, die Lärm und sonst kaum Wirkungen verursachen. Meist kommen sie nicht oder an falscher Stelle an oder werden nicht einmal abgerufen.
Die Not, nicht nur in Innenstädten, sondern überall im weiten Land, könnte groß werden. Das Synonym „Marshall-Plan“ – es sollte verstanden werden als genial geführtes Instrument, das Betroffene zu neuem Mut und Erfolg befähigt. Dass dabei etwas, vielleicht gar Erhebliches, zu finanzieren wäre, darf still und selbstverständich voraussgesetzt sein. J.H.

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