Er richtet sich ganz manierlich ein, dieser Kirschgarten-Lenz. Die kleine Parkeisenbahn hat schon ihre ersten Runden absolviert, und wer dieses Wochenende einsteigen will, wird ein Jäckchen mehr anziehen müssen. Aber keine Angst, Frost soll’s erstmal nicht geben. Man spürt förmlich das Bangen in den Siedlungshäusern und Lauben, vor deren Türen die Kirsch- und Nussbäume stehen, die vergangenes Jahr alle ohne Ertrag blieben. Die Kirschbäume blühen je nach Sorte und Standort unterschiedlich früh. Die ersten zeigten ihr Zartrosa, weiß nur umspielt, letztes Wochenende – aber doch nur soweit, dass sie sich noch zurücknehmen konnten. Nun soll er wohl glücken, der Überfluss an Blüten, jede für sich ein Zauberstück und davon in so unermesslicher Fülle an nur einem einzigen Baum. Und auf dieses Wunder, möge es eine, zwei oder gar drei Wochen zum Schmaus der Bienen halten, kommt es uns ja hauptsächlich an. Was kann das Bild eines in voller Blüte stehenden Lausitzer Kirschbaumes übertreffen! Denn ob wir von den roten, süßen Früchten, die er uns schenken will, je etwas abbekommen, bleibt ungewiss.
Unsere Freunde, die Stare, mit denen wir ein Menschenleben lang gern teilten, sind vom sinnverlorenen Naturschutz zum Vogel des Jahres 2018 erklärt worden. Jetzt fallen sie in schwarzen Wolken in die Gärten ein und machen den Menschen Angst. Der Star bedeckt inzwischen das komplette Europa als zahlenmäßig stärkste Vogelart. Als fröhlicher Hausgast, der mit kräftiger Stimme sang, andere Vögel täuschend imitiert, selbst die Hühner, wo sie noch gackerten, und auch mal eine Kreissäge.
So geht viel Romantik verloren mit den roten Kirschen, für die der kleine Junge über den Zaun auf den Baum des Nachbarn stieg, denn die Kirschen, sie waren so süß und soo rot? Steigt heute noch ein Kind für Kirschen auf Nachbars Bäume. Wohl kaum. Man bekäme es mit Anwälten zu tun. Wir taten’s noch. Wir waren die Stare in fremden Zweigen in einer geruhsameren Zeit… J.H.
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