An jenem 8. Mai 1945 hatte der Cottbuser Bäckermeister Fritz Koal in der Karlstraße (heute Weilands Backstuben) gut zu tun. Die Russen brachten ihm grobes Mehl, er musste backen – für Soldaten der Roten Armee, für viele Flüchtlinge, für die wenigen Cottbuser, die noch in der Stadt waren.
Er hatte die Arme tief im Teig, als im Hof der Bäckerei Schüsse krachten. Panisch lief er nach draußen. Da tanzten die Armisten und ballerten in die Luft: „Krieg kaputt! Krieg kaputt!“
Sie waren die Befreier und einige Jahrzehnte lang beging dieser Teil Deutschlands den 8. Mai als Feiertag, als Tag der Befreiung.
Noch heute, 35 Jahre nach Richard von Weizsäckers Rede, die auch im Westen das Wort „Zusammenbruch“ gegen das Wort Befreiung austauschte, fragen Kolumnisten seriöser Blätter wieder: Befreiung wovon?
Für Heranwachsende wären Antworten darauf und Gespräche darüber wichtig. Aber wer soll sie führen, wenn die Politik, die auch diesen Schlamassel geerbt hat, klare Positionen scheut.
Nach dem heißen Krieg schien zum Ende der 1980er Jahre auch der Kalte Krieg „kaputt“. Wieder kam einer aus dem Lager jener Befreier und reichte den Deutschen die Hand. Gorbi! Gorbi! haben die Ostdeutschen gejubelt und sahen sich ein zweites Mal „befreit“. Aber befreit wovon? Und wofür. Amerikanische Panzer rollen durch die Lausitz in Richtung Osten. Ist der Krieg, diese boshafteste Geisel der Menschheit, wirklich kaputt?
Nein, er tobt nur an anderer Stelle, finanziert über Waffenexporte grausam unseren Wohlstand und ist jederzeit fähig, zurückzukehren.
Bäcker Koal aus der Karlstraße hat damals versucht, Besseres in Deutschland zu tun, wurde Stadtverordnetenvorsteher. Immerhin. Seine Generation hatte Übles angerichtet und schwer zu tragen. Haben wir genug daraus gelernt, wenn dieser 8. Mai doch noch ein Streitdatum blieb? J.H.
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