Kommentar: Mit Augenmaß

Nicht nur mit der Bewältigung der wieder einmal überraschend (!) eingetretenen Winterbedingungen, sondern auch mit den aktuellen bundesweiten Beschlüssen zur Corona-Eindämmung sind die Menschen hier im Leserland überwiegend unzufrieden. Erst bei einer Inzidenz (wöchentliche Infektionszahl pro 100 000 Einwohner) von 35 sollen Einzelhändler wieder ihre Geschäfte öffnen dürfen, heißt es. Gottfried Lindner, besorgter Bürgervereinsvorsitzender in der Cottbuser Innenstadt, bringt es auf den Punkt: Mit solch „utopischen“ Wertangaben bewegen sich politisch Verantwortliche weitab der Realität.
Die einstige Eisprinzessin Katharina Witt hat es in den sozialen Medien in einem anrührend Text anschaulich gesagt: Da sitzen Leute auf dem Leuchtturm, beobachten aus sicherer Ferne den verzweifelten Kampf ihrer Matrosen im tosenden Ozean und tönen: „Wir sitzen alle in einem Boot!“ Nein, in Corona haben sich die Positionen der (manchmal schon geimpften) Bootsführer und der zunehmend verzweifelten Crew weit getrennt.
Niemand – weder Handwerker, noch Lehrer, noch Eltern oder andere gebildete Menschen – unterschätzt die Gefahr bekannter oder noch nicht bekannter Viren. Aber solchem Risiko lässt sich nicht aus Fernsicht, sondern nur mit Augenmaß im wirklichen Leben begegnen. Weil das schon am Beginn der Pandemie mit Maskenmangel und schlampigem Nachvollzug von Infektionsketten verpasst wurde, kam es zu Inzidenzen von 800 und mehr. Jetzt führt der von EU und Bund verschuldete Dosenausfall vor Ort schon zu Lug und Trug am Impfstoff. Angesehene Leute benehmen sich wie die letzten Pfeifen einer Bananenrepublik. Das sind Folgen eines fatalen Missmanagements von ganz oben.
Wenigstens in unserem Land sollten, wie im Mecklenburg-Vorpommern, bürgernahe Entscheidungen möglich sein – mit Mut und Augenmaß, wie eine Unternehmerpetition fordert. J.H.

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