Kommentar: Verkehrte Welt

Wer regelmäßig im gleichen Markt ähnliche Mengen einkauft, merkt es am deutlichsten: Die Preise klettern und klettern. An Lausitzer Tanksäulen kleben sie (vorerst noch) bei knapp unter zwei Euro pro Liter Kraftstoff, die Bau- und Gartenmärkte ziehen nach oben, die Apotheken halten mit. Wenigstens müssen wir bei 35 Grad draußen nicht über Heizkosten nachdenken. Oder doch?
Die Lawine außerordentlicher Belastungen rollt auf jedermann zu – ob arm oder gerade noch finanziell gut aufgestellt. Die deutsche Politik macht alle nackt wie Kirchenmäuse. Sie rettet sich vorm drohenden Sturm der Empörung vorläufig, wie die meisten Medien, mit einem Sprachfehler. Statt „Belastung“ heißt das am häufigsten gebrauchte Wort „Entlastung“ mit einer Litanei von Beispielen, die niemand mehr überschauen kann.
Statt an die Arbeit zu gehen, die Belastungen und deren Ursachen abzubauen, zeugen Scholz & Co. neuen Horror, erlauben Unternehmen, Mehrkosten an Verbraucher weiterzugeben, um sich dann als „die Guten“ verkaufen zu lassen, die „Entlastungen“ verteilen wie enthemmte Weihnachtsmänner. Heizkostenzuschuss (6,6 Milliarden!), höhere Pendlerpauschale, Wohngeldreform, Einmal(wofür?)-Zahlungen, demnächst Bürgergeld statt Hartz IV und so weiter.
Erstaunlich, aber die Masche geht auf. Schalten Sie Radio ein, schauen Sie TV-Nachrichten, schlagen Sie eine Tagespresse auf: Entlastungen, Entlastungen, Entlastungen. Niemand wird allein gelassen.
Wo und wobei allein gelassen? Fachleute sprechen von Privatinsolvenzen in nicht dagewesener Anzahl, die, vor allem wegen der Energiekosten, drohen. Der Staat nimmt den Menschen das Geld, die Unabhängigkeit, die Würde, die Freiheit. Und er kultiviert die verkehrte Welt. Er speist sein Volk nach Gutsherren- oder Sozialistenart mit „Entlastungs“-Almosen.
Liegt das am Krieg? Kann sein. Aber was, um alles in Welt, haben wir auf Schlachtfeldern zu suchen? J.H.

Weitere Kommentare finden Sie hier!