Wer möchte von einem Arzt behandelt werden, der in Stunde 23 von seinem 24-Stunden-Dienst ist? Wohl nur jene, die nicht allzu sehr an ihrem Leben hängen. Matthias Platzeck hängt an seinem Leben, und er hängt deshalb seinen Ministerpräsidentenjob an den Nagel. 80 Stunden, sagt sein Arzt, kann er in der Woche nicht arbeiten. Doch wer kann das eigentlich? Kein Mensch ist ein Computer. Auch ein Politiker nicht. Und selbst ein Computer läuft irgendwann heiß, so dass die Lüftung stöhnend brummt. Zurück zum Arzt. Niemand legt sich gern unter ein Messer, das von einer müden Hand gehalten und von schläfrigen Augen gelenkt wird. Und in der Politik? Hier fallen die wichtigsten Entscheidungen gern bei geistiger Umnachtung. Die Fotos vom Kanzleramt, auf denen Reporter stundenlang bis zum Morgengrauen auf die Politiker lungernd warten, um Ergebnisse zu erfahren, kennt jeder. Es ist nur schwer vorstellbar, dass das Land zusammenbrechen würde, wenn der Landesvater statt 80 „nur“ 50 Stunden die Woche arbeiten würde. Doch es ist nur allzu leicht vorstellbar, dass bei einem Duracell-Politiker, der läuft und läuft, weil er laufen und funktionieren muss, auch der politische Scharf- und Weitblick kränkeln kann. Klar, es ist schön, wenn ein hoher Politiker in die Region kommt, um das eine oder andere Fest zu eröffnen oder das eine oder andere Einweihungsband einer neuen Straße zu durchschneiden. Das ist auch eine Wertschätzung für die jeweilige Region. Andersherum wird es dem Fest auch nicht an Heiterkeit fehlen und die Straße wird auch nicht bröckeln, wenn die Politprominenz fehlt. Kluge Entscheidungen brauchen einen wachen Geist.
M. Klinkmüller
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