Kommentar: Welt auf Reisen

Geradezu geräuschlos verklang in diesem Jahr die ITB (Internationale Tourismus Börse) aus Sicht des Träumerlandes Brandenburg. Dieses Epizentrum globaler Reiseindustrie auf dem Messegelände unterm Berliner Funkturm (dieses Jahr vom 4. bis 6. März) war seit 1966 das Dorado der Reiselust für jedermann. Hunderttausende strömten hin und schleppten millionenfach Prospekte heimwärts. Das brach mit der Pandemie ab, die ITB fiel sogar aus und startete 2023 neu als Expertentreff der Entscheider aus aller Welt, die hier mit Handschlaggeschäften die Branche atemberaubend aufmischen.

Laien bleiben draußen, Berufs-Touristiker, wie etwa Mitarbeiterinnen des Tourismusamtes Burg im Spreewald, durften lauschen, was da läuft zwischen Albanien über Ethiopia-Tours, Honkong, Seychellen, Sudi-Arabica und vielen, vielen hundert Anbietern aus 170 Ländern. Unter „visitBerlin“ sei als Teil der „Berlin Brandenburg Capital Region“ auch das Fontane-Land präsent gewesen, heißt es. Aber diese Präsenz reduzierte sich wohl auf ein Pressefrühstück des Wirtschaftsministers Keller mit Regional-Journalisten, die notieren konnten, dass letztes Jahr 5,4 Millionen Gäste unser Land besuchten; unter den 483.000 Ausländern überwiegend Polen. Die Übernachtungszahlen seien zum letzten Pandemiejahr davor um 1,2 Prozent (!) gestiegen, die Gastronomie-Angebote dagegen um 4,9 Prozent gesunken. Letzteres, hausgemacht durch gravierende Fehler in der Mittelstandspolitik, belastet touristische Bahnbrecher des näheren und weiteren Berliner Umlandes im lokalen wie globalen Wettbewerb erheblich. Wo Gastlichkeit dümpelt, bleiben Seenketten nur nasse Landschaften.

Allein die Änderung des kommunalen Abgabengesetzes, das den Gemeinden jetzt ermöglicht, Gästebeiträge zu kassieren und diese in ihre Infrastruktur zu investieren, wird weltweiten Heißhunger auf Lausitz-Erlebnisse nicht entfachen. Bilanz: Die Welt ist auf Reisen und das Träumerland Brandenburg schaut hinterdrein. J.H.