Leser an uns: …die den Krieg nicht wollen

Für Iranerinnen in Deutschland spricht Jens Lipsdorf, Vorsitzender der Niederlausitzer Gesellschaft für Geschichte und Landeskunde:
Geben wir uns keinen Illusionen hin. Die militärischen Aktionen der israelischen Regierung verdienen den Titel Staatsterrorismus. Nach dem Vernichtungsfeldzug im Gazastreifen nun der konzertierte Angriff auf den Iran.
Keine Frage: Das Regime in Teheran verdient nicht den Friedensnobelpreis oder ist für die Einhaltung der Menschenrechte bekannt. Und der Terrorangriff der extremistischen Hamas im Oktober 2023 war mit 1.182 Todesopfern der größte Massenmord an Juden seit dem Holocaust. Aber wie konnte so etwas bei einem der angeblich besten Geheimdienste der Welt und einem hochgerüsteten Militär möglich sein? Wieso trafen die Sicherheitskräfte erst 6 bis 12 Stunden nach dem Massaker vor Ort ein? Fragen, die in Israel massiv gestellt wurden und werden. Die sofortige Zerstörung des Gazastreifens und die Vertreibung der Palästinenser waren die gewünschte Folge und gleicht einem Genozid – von rechten israelischen Politikern und Siedlern gefordert. Gegen die von der deutschen Regierung hofierte rechtskonservative Regierung Israels erscheint die heimische AfD wie eine linksautonome Splittergruppe. Die Zweistaatenlösung in Nahost, nur halbherzig von Europa und den USA verfolgt, ist endgültig vom Tisch. Wem nützt es? Donald Trump z. B. spekuliert zur touristischen Neugestaltung des Gebietes und möchte Gaza kaufen.

Konnte das israelische Militär die aktuellen Aktionen ohne Hilfe von NATO-Staaten durchführen? Viele verneinen dies. Aus Teheran erreichen uns Berichte, dass Krankenhäuser, zivile Infrastruktur und sogar Jahrtausende altes nationales Kulturgut massivzerstört wird. Die Kultur Persiens gehört zu den ältesten der Welt und hatte auch auf Europa Einfluß. Soll diese ausradiert werden wie der Gaza-Streifen? Wir nehmen es hin und die G7-Staaten, die beim jüngsten Treffen sonst in nichts einig waren, bringen innerhalb von Stunden eine Erklärung zustande, in der Iran als einzig Verantwortlicher benannt wird. Und es ist schon ein seltsamer Zufall: Drei der großen BRICS-Staaten (Rußland, Indien und Iran) befinden sich nun in militärischen Konflikten, was eine Schwächung dieses potenten Wirtschaftsbündnisses darstellt. Wem zum Nutzen? Die westliche Militärwelt wartet spätestens seit 2013 auf den Einmarsch Chinas in Taiwan. Xi Jinping ging bislang nicht in diese Falle. Aber der Konflikt kann auch dort jeden Tag ausbrechen, die gegenseitigen Provokationen nehmen zu.

Alles weit weg? Nein. Weil unter uns in der Niederlausitz Menschen aus diesen Ländern leben: Zum Beispiel junge Perserinnen, die sich hier als Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen, Fachkräfte eine Lebensgrundlage aufgebaut haben und den Widerstand der Frauen gegen die Mullahs im Iran unterstützen. Man erkennt sie nicht sofort im Straßenbild, vermutet eher südeuropäische Wurzeln. Sie rufen jetzt um Hilfe für die einfachen Menschen, die den Krieg nicht wollen, nicht fliehen können, um Hilfe für das Fortbestehen ihrer großen Kultur. Auch Mitglieder der Niederlausitzer Gesellschaft für Geschichte und Landeskunde haben Freunde und Verwandte in den mit Krieg überzogenen Regionen. Viele detailreiche Informationen erreichen uns so fernab des publizierten Mainstreams. Das sind oft sehr konträre Aussagen. Hüten wir uns, in Fallen allseitiger Propaganda zu geraten. Halten wir es mit Brecht: „Die Wahrheit ist ein Kind der Zeit und nicht der Autorität“.

Weitere Beiträge aus unserer Region finden Sie hier!