Bitte aktiviere / Please enable JavaScript![ ? ]
Alle geknechteten Vaterländer - Märkischer Bote Alle geknechteten Vaterländer Alle geknechteten VaterländerMärkischer Bote
Freitag, 29. März 2024 - 13:30 Uhr | Anmelden
  • Facebook SeiteTwitter Seite

header-logo

 
Overcast
16°C
 
das epaper der lausitzer heimatzeitung
Anzeigen

Alle geknechteten Vaterländer

Cottbus | Von | 27. April 2018

macbeth 17

Szene aus MACBETH mit Sanja Radišić (Lady Macbeth) und
Jaco Venter (Macbeth), beide erstmals Gäste am Staatstheater
Cottbus Foto: Martin Müller

Gefeierte Premiere für Verdis „Macbeth“ in der Regie von Martin Schüler.

Cottbus. Mitten im aufwühlenden Hausstreit ist dem Opernensemble am letzten Sonnabend eine großartige „Macbeth“-Premiere gelungen. Musikalisch erarbeitet wurde die Insznierung unter der Leitung von GMD Evan Alexis Christ, der aber wegen der Rücktrittsforderung gegen ihn nur als Zuschauer anwesend war. Dirigiert hat (mit hörbarem Auftrittsbeifall direkt aus dem Graben) in souveräner Manier Alexander Merzyn, seit dieser Spielzeit 1. Kapellmeister des Hauses. Intendant und Operndirektor Martin Schüler begeisterte in seiner Regie in bewärter Weise mit großartigen Bildern und eingängigen Deutungen. Die Vaterlandsklage über den Särgen und vor schwellenden Wolken etwa ist in jeder einzelnen Figurenhaltung so präzise ausgearbeitet, dass der Eindruck eines großen erzählerischen Historiengemäldes entsteht. Überhaupt wird geschichtlich stramm zugepackt. Gundula Martin hat ein ganz strenges Bühnenbild aus groß dimensionierten Rahmen geschaffen und die Geschichte mit ihren Kostümen ins kriegerische 20. Jahrhundert gezogen. Die Rahmen lenken den Blick gleichsam in ein historisches Museum. In der Tat geht „Macbeth“ auf schottische Geschehnisse im 11. Jahrhundert zurück, die sich längst zur Sage ausgewachsen hatten, als Shakespeare den Stoff für sein Drama aufgriff, das Verdi Mitte des 19. Jahrhunderts einem guten Librettisten gab. Das Morden der Mächtigen, das Leiden aller geknechten Vaterländer bekommt hier hinreißende Musik, die bei allem Blutvergießen und triefender Machtgier immer dann geradezu heiter wird, wenn die Hexen ihre Orakel fabrizieren. Diese Wesen aus der ältesten Sage lässt Schüler während der Ouvertüre aus Klageweibern entstehen, die schwarz und schwer gebeugt die Toten auf dem Schlachtfeld beweinen, während die Feldherren triumpfieren. Im Mittelpunkt der Handlung stehen der Tyrann Macbeth, der in überbordender Macht-Wollust von seiner Lady manipuliert wird. Das Publikum erlebt begeistert und immer wieder mit Szenenapplaus einen großartigen Jaco Venter und eine mit reifer Stimme und fesselnder schauspielerischer Gabe agierende Sanja Radisic. Beide singen erstmals in Cottbus, und das mit großer Klasse. Während die Mezzosopranistin aus Belgrad viele Preise in ihrem Heimatland gewann und seit 2009 an deutschen Bühnen sang, kommt der Bariton aus Südafrika und England und sang an verschiedenen deutschen Bühnen u.a. in Wagner-Opern. So intensiv dieses grausig-großartige Paar stimmgewaltig und bis in feinste Nuancen über die Handlung herrscht, bleibt doch deren Ausgang durch die weißen flirrigen Wesen mit ihrem „Schwestern ans Werk!“ bestimmt, verstärkt durch die Soldaten. Sie alle bringen die für Verdi so typische Kraft des Chores zum Tragen. Christian Möbius hat die Damen und Herren des Opernchores und des Extrachores zur Perfektion geführt.
Mit dem königlichen Feldherrn Banquo hat Ingo Witzke mit weichem Bass eine schöne Aufgabe und bekommt starken Beifall. Jens-Klaus Wilde, im letzten
Bild stimmführend, hat die Aufgabe, als „nicht von einen Weib Geborener“ (sondern im Kaiserschnitt Entbundener, das gab es vor 900 Jahren schon) den üblen Macbeth zu töten und Malcolm, dem wirklichen Thronanwärter, das Königsschwert zu reichen. Hardy Brachmann steht am Schluss als der Sieger da, von dem sich das Volk bessere Zeiten erhofft.
Die Hexen äußern sich dazu vorerst nicht, der Bühnenvorhang schließt sich, und stürmischer Applaus bricht los, hält lange an. Immer wieder applaudiert auch Alexander Merzyn hinunter zum Orchester. Gefehlt hat indess der Premierengast, der seit Jahren Sträuße auf die Bühne wirft. Jeder im Ensemble hätte sie auch diesmal verdient. Am 1. und 30. Mai sowie am 26. Juni sind die nächsten „Macbeth“-Vorstellungen. J. Heinrich



Anzeige

Kommentar schreiben

Kommentar


Das könnte Sie auch interessieren: