Polizeiliche Maßnahmen in Cottbus stoßen auf Kritik / Erstmals Reizgas gegen friedliche Demonstranten / Ines Floh bietet „Schutz durch Polizei“ an.
Cottbus (h.) Auch in vom 17. Januar 2022 hielten die Bürgerproteste – im Kern gegen „unverhältnismäßige staatliche Coronamaßnahmen“, wie Beteiligte betonen – in ganz Brandenburg an. Es gab allein am Montag laut Polizeibericht landesweit 95 Demonstrationen unterschiedlicher Umfänge mit geschätzten 25 000 Teilnehmern. Auch an den folgenden Tagen wurde vereinzelt demonstriert. Es gab auch Veranstaltungen gegen diese Art der Meinungsäußerung, allerdings mit relativ geringer Beteiligung. In Cottbus, wo auch letzten Sonnabend demonstriert worden war, eskalierte das Geschehen am Montag, als nach offiziellen Angaben 2 500 Menschen auf den Straßen waren, gegen die Polizeieinheiten mit Unterstützung von Kräften der Bundespolizei scharf vorgingen. Die Demonstranten wurden vom Oberkirchplatz über den Altmarkt zur Spremberger Straße so gelenkt, dass in der Sprem etwa 100 Menschen eingekesselt werden konnten. Augenzeugen berichten, dass einzelne Personen in Panik gerieten und ausbrechen wollten. Gegen sie wurde in Form von Reizgas-Einsatz Gewalt angewendet. Im Anschluss war hier medizinische Hilfe notwendig. Derartiges Vorge- hen gegen Demonstranten wird in den sozialen Medien scharf verurteilt. Auch am Dienstag ging die Polizei in Cottbus gegen Demonstranten massiv vor, während Spaziergänge am Mittwoch, als „nur“ Kräfte der Südbrandenburger Polizei aufliefen, ruhig verliefen. Am Montag standen nach Berichten der Anwohner auch Wasserwerfer bereit, die aber nicht zum Einsatz kamen. Gegen einen Mann wurde wegen Waffenbesitzes ermittelt; er hatte ein Messer bei sich. Die Polizei reagierte auf öffentliche Kritik, argumentiert aber, dass die „Spaziergänge“ anmeldepflichtige Demonstrationen seien. Es habe sich nach wiederholter Aufforderung kein Verantwortlicher gemeldet, sagte Ines Floh von der Polizeidirektion Süd im regionalen Fernsehen. „Wir erbitten uns höflichen Umgang“, formulierte sie gegen Ausfälle einzelner überreizter Personen und schlug vor: Wenn der Wunsch bestehe, dass 3 000 oder 4 000 Leute demonstrieren möchten, mögen Verantwortliche einzelne Demonstrationen zu je 1.000 zulässigen Personen anmelden. Das stelle kein Problem dar. „Melden Sie das an, dann stehen die Veranstaltungen unter unserem Schutz.“
Dass es eines solchen Schutzes bedarf, ist jedoch bisher nicht bekannt oder begründet worden. Auch außerhalb von Cottbus gab es in den vergangenen Tagen zahlreiche Protest-Spaziergänge. Dass Cottbus zum Schwerpunkt der Anti-Corona-Aktivisten wurde, erklärt sich daraus, dass die Stadt als wirtschaftliches, kulturelles und geistiges Zentrum Südbrandenburgs eine durchaus gewollte Bedeutung erlangt hat.
Wie aus Gesprächen mit Beteiligten hervorgeht, dürften Spaziergänge / Demonstrationen auch in den folgenden Tagen stattfinden.
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