…dass Salzhauch und Seegeruch in Guben wieder zu spüren sind

Lange ist’s her: Guben hatte einst über die Neiße und die Oder Anschluss an die Weltmeere.

Die Neiße war einst von Guben bis zur Oder schiffbar. Wir lesen es am Namen der Stadt: guba heißt Mund, Mündung, Hafen. Heinrich der Erlauchte gab Guben 1288 das Recht, die Oder zu befahren. Noch im 16. Jahrhundert, als die Benediktinerinnen säkularisiert und die Gebäude Salzsiederei wurden, kamen die portugiesischen und spanischen Rohsalze über Stettin auf dem Wasserweg nach Guben. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts träumten einflussreiche Stadtbürger davon, das Gewerbe der Binnenschifffahrt wieder aufleben zu lassen, so „dass der Salzhauch und Seegeruch von Swinemünde hier wieder zu spüren ist.“
Es kam anders. Aber immerhin: An schönen Sommertagen lassen sich ab Guben Abenteuertouristen im Kajak oder Schlauchboot stromab treiben…
Guben und Gubin finden sich zunehmend zusammen. Die Dramatik des letzten Krieges in einer der ältesten Städte der Niederlausitz liegt weit zurück. 44 000 Einwohner hatte die Industrie- und Kulturstadt um 1940, als sie mit 4.500 Beschäftigten in die Rüstungsproduktion einstieg. Das Ende war schrecklich. Vom 18. Februar bis 14. April 1945 tobten brutale Kämpfe. 90 Prozent der Altstadt östlich der Neiße wurden zerstört, dann die Deutschen vertrieben. Das Theater auf der Insel, das die Gefechte überdauert hatte, wurde im September abgebrannt. Es hatte über 70 Jahre gespielt.
Heute fließt die Neiße zwischen zwei Städten mit annähernd gleich vielen Einwohnern. Guben dehnte sich aus der Klostervorstadt heraus auf die Höhen mit Plattenbauten aus, hieß von 1961 bis 1990 Wilhelm-Pieck-Stadt Guben, blühte auf mit Chemiefaserproduktion, Gubener Wolle und Hüten und hat jetzt 16.700 Einwohner. Nur 100 weniger leben in Gubin, das sich seit Polens EU-Beitritt sichtlich mausert. Eben hat nahe der Grenze die „Galeria Horsa“, ein großes Einkaufzentrum, eröffnet. Bis vor das schön restaurierte Rathaus und die große Stadtkirche, deren Ruine ein deutsch-polnischer Verein saniert, fuhr früher, vom Bahnhof kommend, die Straßenbahn über die Neiße hinweg.
Beide Städte begegnen sich heutzutage vor allem auf und an der Theaterinsel. Von Gubin war das Eiland immer per Brücke zugänglich, von deutscher Seite her gab es einen Brückenschlag mit der Neugestaltung der Neißeterrassen. Mit EU-Mitteln ist die ehemalige Schützeninsel jetzt so gestaltet, dass der namhafte Gubener Heimathistoriker Gerhard Gunia ihr den Ehrentitel „Insel der Hoffnung“ verlieh. Unter Einschluss von Originalteilen ist die Fassade des klassizistischen Schauspielhauses wieder aufgebaut worden, es gibt Parkwege und Bänke, eine Büste erinnert an die in Guben geborene Schauspielerin und Sängerin Corona Schröter (1751-1802, Goethes „Iphigenie“), und aus Holz hat der Künstler Julian Zaplatynski einen großen Fisch geschaffen, der nicht etwa den Reichtum der Neiße idealisieren soll, sondern an den Goldschatz von Vettersfelde erinnert, dessen schönstes Stück ein skythischer Rüstungsschmuck in Form eines Fisches aus purem Gold war.
Aus „Bürger, Bauern, Burgen zu beiden Seiten der Lausitzer Neiße“ in NIEDERLAUSITZ zwanzig-einundzwanzig, Jahrbuch Nr. 5, aus der Reihe COTTBUSER BÜCHER

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