Den Cottbuser-Ostsee im Blick

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Prof. Dr. Karl Heinz Schlüßler (l.) bei einem rotarischen Familienausflug in Sachsen-Anhalt. Der Beton-Experte war am 20.Mai 1992 einer der 16 Gründer des Rotary-Clubs Cottbus Foto: Hnr.

Prof. Dr. Karl Heinz Schlüßler war ein exakter Planer und Ästhet – er starb vergangenen Freitag.

Cottbus. Zeige mir dein Haus und ich sage dir, wer du bist. Dieser Satz trifft selten so präzise zu, wie im Fall des Cottbuser Beton-Professors Karl Heinz Schlüßler. Er starb am vergangenen Freitag in einem dieser Häuser, das er seit 22 Jahren in Gulben bewohnte. Das Haus davor – er hatte es für Frau und Kinder in der Branitzer Siedlung errichtet – galt für DDR-Begriffe als avantgardistisch. Beide Wohnstätten waren aber vor allem funktional genial gestaltet und jeweils glückliche Mutationen aus Bauphysik und Ästhetik. Vertraute haben hinter der scheinbar verschlossenen, stillen Mimik des Projektanten und Hochschullehrers immer sein verschmitztes, scharf logisches Bedenken der Situation erahnt und auf sein gewichtiges Wort gewartet. So wirkte er maßgeblich und immer kritisch am Wandel und Wachsen seiner Cottbuser Wirkungsstätte von der Bauhochschule zur Technischen Universität mit, so lehrte er und so engagierte er sich für die Region. Das tat er mit besonderer Hingabe als einer der 16 Männer, die sich am 20.Mai 1992 im Giro(heuteCity-)Hoteltrafen, um Rotary Cottbus zu gründen. In dem international vernetzten Serviceclub war er viele Jahre Sekretär und Präsident. Karl Heinz Schlüßler wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, studierte nach dem Abitur an der TH Dresden Bauingenieurwesen und war 1960 Diplomingenieur. 1968 promovierte er zum Doktor der Naturwissenschaften an der Bergakademie Freiberg. Zwei Jahre später wurde er Ordentlicher Professor für Mathematik an der damals noch jungen Ingenieurhochschule Cottbus. Mit Zuversicht und Elan wirkte er in der Wendezeit wesentlich an der Gründung der BTU Cottbus mit und bewarb sich hier um einen Lehrstuhl. 1991 erhielt er die Zulassung als privater Ingenieur im Bauwesen und am 1. Oktober 1992 berief ihn Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein zum Universitätsprofessor für Technische Mechanik. Bis zu seinem Ruhestand betreute er zahlreiche Promotionen. SeinBuch “Beton” wurde Standardwerk der Lehre, und wenn er vor Laien über den grauen, vieltausendjährigen Baustoff referierte, bekam das Material Farbe und seine Ausflüge in die Moleküle wurden zur Reise in eine wundersames All. Er hat aus seinem Baustoff „Denkmale“ hinterlassen; der Merzdorfer Aussichtsturm am künftigen Ostsee (2006) ist wohl das prägnanteste. Wer hinaufsteigt, bewundert die klare, schmucklos-schöne Bauform und schaut vom Plateau in die Zukunft. Für den Hafen legte er gute Planungen vor, aber auch für Lärmschutzwände, Brücken, Werkhallen und anderes errechnete er die Parameter. Wenn er auf Baustellen kam, passierte es nicht selten, dass Bauingenieure sagten: “Sie kenne ich, ich habe bei Ihnen studiert.” Sein Schaffen und Wirken setzt sich so fort.