Improvisation als Grundprinzip / Plus-Markt wurde zur Probebühne / Vielfalt (fast) ohne Einschränkung.
Senftenberg (hnr.) Fünf Monate ruhte in der anerkannten Erholungsstadt am See der „analoge Theaterbetrieb“. Seit 15. August begeisterte das Haus immerhin 1.500 Zuschauer im Theaterhof. Mit Goethes „Iphigenie auf Tauris“ (Regie Mario Holetzeck) gab es die Auftakt-Premiere am 19. September. Jetzt präsentierte Intendant Manuel Soubeyrand mit seinem Team die Vorhaben für Herbst und Winter. Optimismus herrscht vor, aber auch der Gedanke im Hintergrund: Änderungen vorbehalten. „Wir müssen improvisieren“, sagt Soubeyrand, und er ärgert sich über manche Schwelle der Bürokratie. Viel ist für Kinder geplant. Die kommen aus festen Klassenverbänden im Bus, wo sie dicht beieinander sitzen. „Bei uns gilt dann aber die Abstandsregel wie für Erwachsene. Da ist der Saal fast leer“, stöhnt er und hofft auf ministerielle Entscheidungen mit Augenmaß.
Die Proben für Neues laufen auf Hochtouren, sogar ein Plus-Markt wurde für die Arbeit angemietet, denn auch beim Proben gelten die Abstandsregeln. Dieses Wochenende wird (s. Seite 1) spektakelnd über Deutschland nachgedacht, schon am 8. Oktober folgt mit „Selfies einer Utopie“ (Regie Nicola Bremer) eine weitere Premiere. Dabei handelt es sich um eine lustige Serie, erdacht von Bremer selbst. Darsteller müssen Texte sprechen, die sie nie vorher sahen, während der Regisseur aus dem Parkett Tafeln mit Weisungen hoch hält: VERLIEBT oder EMPÖRT oder ähnlich.
Eine Komödie aus Frankreich folgt am 14. Oktober: „Die Studentin und Monsieur Henri“ von Ivan Calbérac. Viel Charme, Esprit und Liebe prägen die Untermieter-Romanze. Regie führt Alice Asper.
Für Kinder kommt dann „Rosa bockt oder Wie das mit dem Dornröschen wirklich war“ von Anja Horst. Premiere ist am 26. November. Nach dem Prinzip des Bilderbuch-Vorlesens funktioniert „Wichtelweihnacht im Winterwald“ von Ulf Stark. Anita Iselin inszeniert die Familie Kaninchen und Esra Maria Kreder liest diese Erzählung.
Dann wird es nochmal weihnachtlich. Regisseur Tilo Esche wurde gefragt, welches Märchen er machen möchte. Er antwortete „Alle.“ Und so geht das dann auch ziemlich durcheinander im Wald hinter Senftenberg… (P: 27.11.)
Dorothy Parker kannte alle, stritt mit Hemmingway, schlief mit Fitzgerald, war oft betrunken, hat viel gefeiert..- so etwa erzählt sich „Noch ein Martini und ich lieg unterm Gastgeber“, ein komödiantischer Monolog für Catharina Struwe von Alice Asper. Die Premiere ist am 23. Januar.
Jan Schönberg und Mirko Warnatz haben vom romantischen „Dachbodenfund“ nicht genug, sie streiten jetzt in Regie von Tilo Esche zwischen Country und Schlager. „Country Crash“ hat am 26. Februar Premiere.
Dann bringt Manuel Soubeyrand seine ursprünglich für November geplante Inszenierung „Venedig im Schnee“ auf die Bühne, eine bizarre Geschichte zweier Paare mit gründlichen Missverständnissen.
Witzig-intelligente Satire verspricht Soubeyrand. In Frankreich brach das Stück mal alle Besucherrekorde. Hier ist am 27. Februar Premiere.
Es folgt am 12. März „Rotterdam“ von Jan Brittain, ein Ausflug ins Transsexuelle. Soubeyrand: „Man versteht das nicht. Aber nur weil man es nicht versteht, hat man nicht Recht mit seiner Ansicht…“ Recht hat er.
Für nächsten Oktober (9.10., nach Premierenverschiebung) ist nunmehr die Uraufführung von „Der Sohn“ des Cottbusers Oliver Bukowski vorgesehen. Der Autor war 2019 Gewinner des Lausitzen-Wettbewerbs, den Cottbus, Senftenberg und Bautzen gemeinsam ausgeschrieben haben. Er erzählt die Geschichte von Thomas, der gerade seinen persönlichen Strukturwandel erlebt. Früher hat er große Maschinen bewegt, jetzt öffnet er den Omas die Kaufland-Türen. Viel großes Theater!
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