Berliner und Potsdamer Führungsschwäche zeigt Wirkung im Flachen Land. Überall in der Lausitz, aber besonders im sachsennahen Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz, wo die Inzidenzen explodierten, liegen die Nerven blank. Gegen die als falsch empfundenen Corona-Einschränkungen formierten sich wiederholt Autokorsos. In Senftenberg waren auch am 3. April über 200 Fahrzeuge unterwegs, manche von ihnen schon zum neunten Male. Sie kommen aus dem Querschnitt der Gesellschaft, meint Mitorganisator Oliver Schmidt. Er spricht von „Gelebtem Zusammenhalt in Zeiten eines aufkeimenden, diktaturähnlichen Machtsystems.“
Was so brutal klingt, ist auch so hart gemeint. Die Leute sehen Beifall am Straßenrand, bedienen sich einschlägiger, ihr Selbstbewusstsein stützender Zitate von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier oder dessen frühen Vorgängers Richard von Weizsäcker – „Niemand darf deshalb die Freiheit anderer beschneiden, weil er der Meinung ist, er besäße sie“ – und bleiben doch ratlos. Das erinnert an Dresdens Pegida, wo viel Kluges und manch Flapsiges aneinander vorbei geredet wurde. Im Seenland sind jetzt vor allem Berufspolitiker zu Augenmaß aufgefordert und angesichts dauergestresster Eltern auch zu Zurückhaltung.
In Richtung Eskalation tendiert die amtliche Reaktion auf Elternproteste, die im Rathaus Kindersachen, auch Schuhe, Spielzeug und Gemaltes ablegten (wie in anderen deutschen Städten), um ihrer Ratlosigkeit ein Bild zu geben. Es zeugt von gewisser Verkrampfung, hierin eine Gleichheit mit den Schuhbergen ermordeter Kinder in Nazi-Lagern zu empfinden.
Statt eine bessere Situation in Kitas und Schulen zu zeigen, kommt im Mediendruck aus dunkler Ratlosigkeit die Holokaust-Keule. Eltern sind zum Gespräch bei der Antisemitismusbeauftragten des Landes Brandenburg einbestellt. Das grummelt nicht nur – hier wurde ein Thema verfehlt. Ein merkeliges Verzeihung wird fällig. J.H.
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