Vom Wiesenweg zur Bummelmeile
Senftenberg & Seenland | Von CGA Verlag | 14. Oktober 2016
Impression von der südlichen Bahnhofstraße mit Blick auf den Turm der Peter- und Paul-Kirche Foto: T. Richter-Zippack
In der südlichen Senftenberger Bahnhofstraße sind zahlreiche Unternehmen beheimatet
Senftenberg (trz). Die Bahnhofstraße in Senftenberg mausert sich langsam wieder zu einer echten Flaniermeile der Seestadt. Nach dem Ausbau der zuvor löchrigen Trasse in den Jahren 2009/2010 hat sich ihr Antlitz sehr zum Positiven verändert. Da wäre zum einen die Fahrbahn. Die eigentliche Straße präsentiert sich jetzt komplett eben. Zudem gibt es links und rechts ausreichend Parkplätze. Dann die im Zuge des Ausbaus gepflanzten Bäume und Sträucher. Die Gehölze haben bereits eine ansehnliche Höhe erreicht und spenden schon Schatten an sonnigen Tagen. Es gibt neue Fuß- und Radwege, die sich im Bereich der Straßenkreuzungen stets niveaugleich präsentieren. Wer es gemütlich angehen will, nimmt auf den neuen Sitzbänken Platz, von denen sich das geschäftige Treiben gut beobachten lässt.
Übrigens: Von knapp anderthalb Jahrhunderten machte die Bahnhofstraße erstmals von sich reden. Das hat der Journalist und Heimatkundler Hans Hörenz recherchiert. Anfangs war die Verbindung lediglich ein Wiesenweg, später eine Kreischaussee, die in Richtung der alten Kreisstadt Calau führte. In den 1930er- und 1940er-Jahren gab es links und rechts dieser Nord-Süd-Trasse rund 110 Geschäftsleute, Gewerbetreibende, Ärzte und Apotheken. Darunter befanden sich allein 33 Läden für Industriewaren sowie der Bekleidungs- und Modebranche. Hinzu kamen 30 Handwerksbetriebe. Weitere 13 Geschäfte führten Lebens- und Genussmittel. Zum Vergleich: Heute gibt es nach Angaben des Senftenberger Rathauses in der Bahnhofstraße 78 Unternehmen, davon elf Handwerker.
An der Kaufhaus-Kreuzung hatte einst einer der berühmtesten Niederlausitzer seine Wohnung. Nämlich niemand Geringeres als Studienrat Rudolf Lehmann (1891 – 1984), der als „Nestor der Niederlausitzer Geschichtsschreibung“ in die Regionalgeschichte einging. Am heutigen Ernst-Sauer-Platz erinnert eine Tafel an Senftenbergs größten Sohn.
Ein Stück entfernt, in Richtung Norden geschaut, ziehen der Schriftzug „Hermann Ziethe“ sowie zwei daneben befindliche Hufeisen die Blicke auf sich. Ziethe zählte einst zu den gefragtesten Handwerkern seiner Art im alten Kreis Calau. Zwischen Spreewald und Schwarzer Elster waren vor dem Zweiten Weltkrieg immerhin 91 Schmiedemeister registriert.
Ein weiteres Stück gen Norden erstreckt sich ein größerer Parkplatz. Diese Freifläche gibt es erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts, bedingt durch die Kämpfe am Ende des Zweiten
Weltkrieges. Zuvor befanden sich dort die sogenannten Flemming‘schen Häuser. Ältere Senftenberger dürften sich noch an
Malermeister Paul Flemming erinnern, der dort im Jahr 1882 seinen Malereibetrieb gründete.
Die nicht kriegszerstörten Häuser in der Bahnhofstraße bezaubern mit ihren an den Jugendstil erinnernden Elementen. Nicht wenige Gebäude entstanden auch in dieser Epoche, nämlich zur vorvorigen Jahrhundertwende. Zudem locken viele attraktive Geschäfte. Schon an den großen Schaufenstern könnte man sich die Nase plattdrücken. Die Senftenberger Bahnhofstraße: eine echte Bummel- und Einkaufsmeile eben.