Anmerkungen zu Janis Knorrs Inszenierung „Jugend ohne Gott“

Jugend ohne Gott
Am Ende geht sie nicht nur körperlich, sondern auch psychisch zu Boden – die Lehrerin zwischen Ehrgeiz und Selbstzweifeln von Ariadne Pabst. Ihre „Kindlein“ gehören zur „Jugend ohne Gott“: Figur T Natalie Schörken (l.), B Johannes Scheidweiler und hinten Z Torben Appel. Foto: © Bernd Schönberger

Gegen geistige Analphabeten.

Cottbus. An einen Rest Hoffnung, „ihre Kindlein“ noch auf den rechten Weg zu führen, klammert sich die Lehrerin, doch was die Halberwachsenen zu sagen haben, macht ihr längst Angst. Sie fürchtet den Inhalt der 26 Aufsätze, die sie zu korrigieren hat. „Schwarze sind grundsätzlich dumm und faul“, wird darin stehen, und sie, in guter beamteter Stellung, erkennt darin keine Herausforderung, sondern eine Provokation. Im Kriegsschauplatz Schule steht Ariadne Pabst einer Klasse (und der Elternfront) chancenlos gegenüber. Sie spielt ihre Rolle vor dem dräuenden Hintergrund einer gespenstischen Berglandschaft (Bühne Ariella Karatoulou) und wachsender Aggression zunehmend verzweifelt in sich gekehrt, geht am Ende psychisch zu Boden. Regisseur Janis Knorr hat die Figur bodenständisch angelegt und Papst gestaltet sie meisterhaft. Die Max-Grünebaum-Preisträgerin, seit 2008 hier engagiert, offenbart einmal mehr die Tiefe ihrer Kunst.

In Johannes Scheidweiler, Natalie Schörken, Torben Appel und Sophie Bock verdichtet sich eine ganze Schulklasse, schon äußerlich in einer Art Military-Look auf Konfrontation programmiert, dabei lechzend nach Lustvollem, wie der ekstatische Fußball-Fanausbruch zeigt.

Ödön von Horvath, der dieses Stück von jetzt wieder höchster Brisanz schon 1937 schrieb, wollte sein Buch „gegen die geistigen Analphabeten“ schreiben, es den Eltern, der Gesellschaft auf den Tisch legen. Er habe es für die Jugend geschrieben, doch er vermochte sie nicht zu retten. Die Lehrerin lässt er über die Schüler sagen: Ihre spätpubertären Träume gipfeln in der Vorstellung, ihren Namenszug auf einem Kriegerdenkmal zu wissen.
„Jugend ohne Gott“ hatte am vergangenen Freitag in der Kammerbühne Premiere – sogar mit Gott und Eva (Lucie Luise Thiede) sowie Pfarrer, grimmigem Schuldirektor, leibhaftigem Julius Caesar und Militärfigur (alles Ali Berber a.G). Das Regieteam lässt Naturschauspiele sprechen und manch überraschende Requisite. Es gibt Mord im Spiel und ganz gewiss kein Happyend. Die „Kindlein“ bleiben wie Bestien; wohin das führte, konnte Horwath nicht erzählen. Er verunglückte 1938.

Das Publikum dankte begeistert. Zu empfehlende nächste Vorstellungen: 1.2., 23.2. und am 8.3. J. Heinrich

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