Breslau lädt Europa ein

Die Kulturhauptstadt des Ostens gibt sich als grünes Venedig an der Oder / Geschichte und Witz auf Schritt und Tritt

Breslau/Wroclaw. Die niederschlesische Hauptstadt räckelt sich stolz, selbstbewusst und jungendfrisch im Sonnenlicht ihres europäischen Kultursommers. Die Stadt, um 1900 fünftgrößte Deutschlands, hatte viele Glanzzeiten, aber vielleicht ging es ihr nie so gut wie heute in wirtschaftlicher Stärke und geprägt von polnischem Nationalstolz.
980 schon war hier das polnische Wratislawia oder Wraclaw, 1163 sonderte es sich als kleines Herzogtum ab, wurde 1241 von mongolischen Horden des Dshingis Khaan Enkels Batu Khaan zerstört, gleich wieder aufgebaut und mit deutschem Stadtrecht versehen. Böhmen, Ungarn, Österreicher und ab 1741 die Preußen folgten, alle hinterließen bauliche Spuren, mit denen Wroclaw vollkommen souverän umgeht. Die reichen Bürgerhäuser am Rynek (Markt) und in ihrer Mitte das prachtvolle gotische Rathaus bilden eine Schatzkammer aus acht Architektur-Jahrhunderten, in der sich  phantastisch unbeschwert leben und feiern lässt. Das tun die Polen in diesem Jahr mit vielen, vor allem deutschen, Gästen.
Breslau hat jetzt 630 000 Einwohner und 135 000 Studenten. Die Stadt war zu 70 Prozent zerstört und hat in ihrer Mitte (Neumarkt) noch Gegenden, die von Nachkriegs-Not erzählen. Aber gerade vor diesem Hintergrund wirken die Kirchen auf der Insel, die Ufergestaltung der Oder, die mächtigen Brücken und aus jüngerer Zeit (1913) die Jahrhunderthalle zusammen weltstädtisch. Die Breslauer sprechen gern von ihrem „grünen Venedig des Nordens“, denn es gibt viele Parks (mit einem phantastischen Zoo) und jede Menge Stege übers Wasser. Viele Ziele sind mit Schiffen und Wassertaxen zu erreichen.
Mit der Lausitz war Breslau einst durch die Riesengebirgs-Fluglinie Berlin-Cottbus-Breslau (ab 1927) verbunden. Heute gibt es die Autobahn (leider nur in Ost-West-Richtung saniert ) und gute Straßen durch sehenswerte Orte (Sorau, Sagan, Sprottau, Liegnitz). Je nach Strecke sind um die 250 Kilometer zurückzulegen. Die Bahn bietet bis 25. September an Wochenenden die Kultur-Zugverbindung Berlin-Bres-
lau an mit Halt in Cottbus (9:53 Uhr) und Forst (10:08). Die einfache Fahrt kostet 19 Euro inclusive Tagesfahrkarte für den Nahverkehr in Breslau.

Vom wunderschönen Bahnhof gelangt man zu Fuß ins Zentrum oder auch zum Panorama der Schlacht von Raclawicka (114 Meter Rundgemälde, 9 Millionen Besucher seit 1992), in der die Polen 1794 die Russen schlugen. Unterwegs fallen dann und wann die Bronze-Zwerge auf – ein Marketing-Gag der Stadt. Zur Jahrhunderthalle mit dem spektakulären Springbrunnen (Fontänen aus 300 Düsen tanzen stündlich zur Musik) lohnt sichs, in die Straßenbahn einzusteigen.