Nördlichen Bergbauern blieben die Inka erspart
Wir fahren gut 100 Kilometer nach Norden. Busfahren ist billig, 1 US-Dollar die Stunde. Seit einigen Jahren ist der Dollar hier einzige Währung, aber er macht die Indianer im Kanton Otavalo nicht reicher. Im Alltag dominiert überall noch der Tauschhandel: Wolle gegen Mais. Trotz ihres großen Fleißes und des Erdöls im Urwald kommen die Ecuadorianer auf keinen grünen Zweig. Deshalb arbeiten zwei Millionen (Einwohnerzahl 14 Mio) im Ausland. Marcelo erklärt, warum sie auf Plantagen in Spanien oder USA beliebt sind. „Wir Indios sind katholisch, aber zugleich naturgläubig. Die Alten hatten nicht zehn, sondern nur drei Gebote: Du darfst nicht lügen, nicht klauen, niemals faul sein. Daran hält sich jeder.“
Die Bauern bestellen die Hänge mit Ochsen, pflanzen oder säen Bohnen, Mais, Kürbis und ihr Quinoa-Getreide vermischt im gleichen Feld und ernten das ganze Jahr. Nebenher pflegen sie uraltes Kunsthandwerk, das nur hier überdauerte. Völkerkundler vermuten, dass diese nördlichen Bergbauern nie von den Inka (ca. 1450-1530 Besatzer vor den Spaniern) unterworfen wurden. Weshalb uns vom Kleinstadtmarkt dennoch grimmig die überdimensionale Büste von Inka-General Ruminawi anstarrt, weiß Marcello nicht zu erklären.
Das Landstädtchen Otavalo, heute etwa 40 000 Einwohner, mehrheitlich Indianer, ist berühmt für seinen Handwerksmarkt. Er bläht sich an Wochenenden zum größten Lateinamerikas auf und bedient alle Kitsch-Gelüste der von weither anreisenden Touristen. Wir erleben an einem Wochentag den normalen Trubel. Einheimische drängen sich auf dem Gemüse-, Fleisch- und Fischmarkt und lutschen nebenher lebendige Schnecken aus ihren Gehäusen. Auf dem nahen Plaza del Poncho langweilen sich Händler zwischen grellbunten Ponchos und Hüten. Sie palavern in ihrer Indianersprache Catcha. Hier im Hochland ist das die Unterrichtssprache in den Schulen. Spanisch wird als Fremdsprache gelehrt.
Humboldt hat sich in dieser einst unwegsamen Gegend für den Cotacachi und seinen Vulkansee interessiert. Auf etwa 3 400 Metern Höhe gehen wir um den schwarzen Vulcansee. Nichts lebt in seinem Schwefelwasser, aber am Ufer blühen Orchideen und auf der Insel haust ungestört eine große Meerschweinchenkolonie.
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