Bismarcks Roter Prinz war Ehrenbürger von Guben .
Gebice heißt der Ort heute und liegt auf der polnischen Seite der Neiße zehn Kilometer südöstlich von Guben. Am Rande des Dorfes, das früher den Namen Amtitz trug, künden Ruinen von einem einst imposanten Renaissanceschlosses. Der Park, der sich bis zum Flüsschen Lubst hinzieht, verbunden mit dem Schloss im benachbarten Starzeddel, ist verwildert. Nur die alte Johanniterkirche aus dem 16. Jahrhundert ist erhalten, wenn auch arg in Mitleidenschaft gezogen. In ihr befindet sich eine mächtige Grabplatte aus rotem Granit. Hier ruht an der Seite seiner Frau einer der letzten Grand Seigneurs des deutschen Adels: Prinz Heinrich von Schönaich-Carolath. Anlässlich seines 150. Geburtstages am 24. April erinnern wir an diese bedeutende Persönlichkeit aus der Lausitz.
Die Familie von Schönaich-Carolath wurde 1945 vertrieben, ihre Mitglieder leben heute zwischen Hamburg und München zerstreut. Besonders Bayern wurde zur neuen Heimat, Schönaich-Carolaths wohnen in Alling, Deggendorf, Rottach-Egern und in Vilsbiburg.
Aus alter Familie
Die Schönaichs gehören zum Niederlausitzer Uradel, sie kamen nicht wie lange angenommen aus Schlesien.
Als erster tritt “Tytzko Schoneeyche” als Inhaber des Vasallengutes Schönaich, 9 km nordwestlich von Sorau gelegen, zu Anfang des 14. Jahrhunderts auf. Im Sorauer Kreis besaßen die Schönaichs u.a. die Rittergüter Linderode, Rinkendorf, Kalke, Haasel und Mildenau. Bald erwarb die Familie auch im Gubener und Grünberger Kreis (Amtitz und Saabor) Besitz, vor allem aber die schlesischen Herrschaften Carolath und Beuthen.
Ein Familienzweig wurde 1700 in den Grafenstand erhoben, 1741 gar in den preußischen Fürstenstand nach dem Erstgeburtsrecht. So führte der jeweilige Familienchef den Titel “Fürst zu Carolath-Beuthen”, die anderen “Prinz zu Schönaich-Carolath”.
Die liebe Verwandtschaft
Die Familie war vor allem mit der Verwaltung ihres umfangreichen Grundbesitzes beschäftigt, daneben gab es auch Hofbeamte und Generäle. Noch nicht ganz vergessen aber ist Christoph Otto von Schönaich-Carolath (1725-1807), ein Lyriker und erklärter Schützling des zeitweiligen Literaturpapstes Gellert. Ein weiterer Lyriker aus der Familie war in der Kunstszene um 1900 bekannt und berühmt: Prinz Emil (1852-1908), ein Cousin unseres Prinzen Heinrich.
Interessant aus Cottbuser Sicht sind aber andere Verflechtungen: Prinz Heinrich war ein Urenkel der Fürstin Pückler, denn seine Mutter war Adelheid, die zweite Enkeltochter der Fürstin Lucie. Doch es geht noch weiter: Der Großvater hatte Bianca Gräfin Pückler geheiratet, eine Schwester des Fürsten Pückler, der somit also Heinrichs Großonkel war, und der Bruder des Großvaters war mit Adelheid von Pappenheim, Tochter der Fürstin Pückler aus 1. Ehe, verheiratet.
Die Standesherrschaft
Die Herrschaft Amtitz war die jüngste der Lausitzer Standesherrschaften. Den rechtlichen Status erlangte Amtitz erst im Laufe des 17. Jahrhunderts durch das Geschick der Schönaich-Carolaths.
Diese hatten Amtitz 1616 von der Familie von Loeben gekauft. Zur Herrschaft mit dem Rittersitz gehörten damals die Güter Döbern, Göttern, Laaso, Sachsdorf, Saude, Stargard und ein Teil von Vettersfelde, alles Ortschaften im heutigen Polen. Im gleichen Jahr wurden noch Neudörfel und diesseits der Neiße Horno und Grabko hinzugekauft. Mitte des 19. Jahrhunderts umfaßte Amtitz 3615 Hektar Land. Das Schloß wurde in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts erbaut und im 19. Jahrhundert erweitert.
Hier wurde am 24. April 1852 Heinrich Prinz zu Schönaich-Carolath geboren.
Seine Mutter war Wanda Gräfin Henkel, Freiin von Donnersmarck. Knapp zehn Jahre später verstarb sein Vater, der Prinz Ludwig. Nach dem Besuch der Ritterakademie in Liegnitz nahm Prinz Heinrich als Husarenoffizier am Krieg gegen Frankreich teil und studierte anschließend Jura in Bonn. 1877, also mit 25 Jahren (!), wurde er Landrat des Kreises Guben.
Das Amt hatte er 13 Jahre inne. Die Stadt Guben ernannte ihn zu ihrem Ehrenbürger. Die Ehe mit der Prinzessin Margarete von Schönburg-Waldenburg blieb ohne Kinder. Die Herrschaft Amtitz erweiterte Prinz Heinrich durch den Kauf der Güter Starzeddel, Raubarth und Vettersfelde.
Freier Mann, freie Rede
Als Besitzer der Standesherrschaft Amtitz war Prinz Heinrich erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses und auch des Landtages der Niederlausitz. Nur zwei von mehreren Ehrenämtern seien genannt: Vorsitzender der deutschen Gesellschaft für Volksbildung und Vizepräsident der Commenius-Gesellschaft. Daneben war er Großmeister der Großen Loge von Preußen, genannt Royale York zur Freundschaft. 1881 wurde Prinz Heinrich als Vertreter der Nationalliberalen Partei im Wahlkreis Guben – Lübben erstmals in den Reichstag gewählt, dem er bis 1918 angehörte. In seiner politischen Arbeit war er mit der vorherrschenden Meinung seiner Standesgenossen nicht immer konform. Prinz Heinrich unterstützte die Sozialgesetzgebung des Reichskanzlers Bismarck, opponierte aber gegen dessen Sozialistengesetz. Das brachte ihm den Titel “Roter Prinz” ein. Zu offener Kollision kam es mit Kaiser Wilhelm II. in Militärfragen, worauf Prinz Heinrich den “kalten Abschied” aus der Armee erhielt. Im preußischen Herrenhaus gehörte Prinz Heinrich mit Graf Dönhoff und den Fürsten Hatzfeld, Hohenlohe, Stolberg, Putbus, Wied u.a. zur liberal-konservativen Gruppe. Dieser Teil des Hochadels konnte auf gesicherter wirtschaftlicher Grundlage mit “aristokratischer Gelassenheit” eine eigene Standespolitk verfolgen.
Heinrich Prinz zu Schönaich-Carolath verstarb am 20. Juni 1920, die Herrschaft Amtitz erbte sein Vetter Prinz Ferdinand aus der Linie Saabor. Seine Frau bezog bis zu ihrem Tod 1937 das Schloss Starzeddel, dann wurde auch sie in Amtitz beigesetzt.
Siegfried Kohlschmidt
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