Anmerkungen zu „Peer Gynt“ am Staatstheater
Cottbus. Die Premiere war schon im Januar; wir sahen die Aufführung am 5. März und
erlebten einen faszinierenden Opernabend mit ausgesprochen kundigem Publikum, das sich zu Begeisterungsstürmen hinreißen ließ. Sehr zu Recht.
„Peer Gynt“ erzählt die Geschichte eines Mannes, der sich zu Größerem berufen fühlt, um am Ende im kleinen Heim gerettet zu werden. Den rücksichtslosen Höhenflug und gnadenlosen Absturz gestaltet diese Inszenierung als mitreißendes Gesamtkunstwerk in überreicher Bilder- und Tonsprache. Die zunächst akademisch kompliziert und fremdelnd anmutende Musik bahnt sich drängend den Weg zu Ohr, Verstand und bald auch Herz. Mit der wunderschönen Arie der Solveig (Cornelia Zink) am Schluss löst sich die ungeheure musikalische und Handlungsspannung wohlgefällig auf.
Evan Christ führt das Orchester durch die eigenwillige Rhythmik dieser teilweise fast atemlos erzählenden, hochemotionalen Musik. Natürlich macht er das souverän, und er bringt aus gezügelter Kraft in jeder Phase die immer bedeutsamen Stimmen zur Geltung. Es fehlen diesem Werk die entspannenden Schleifen verweilender Arien; ausgreifend schreitet Ungeheuerliches voran. Vor die kantig-kalten Bilder des Nordens wirft Ausstatterin Gundula Martin eine überbordende Märchenkostümierung, die den Betrachter förmlich hineinsaugt in diese phantastische Welt der Trolle und des selbsternannten Kaisers der Welt. Den Zauber tragen Choreografien der aus den „Balkan-Rhapsodien“ hier schon bewunderten Adriana Mortelliti, und die Stimmenfülle und darstellerisch großartige Mitarbeit des von Christian Möbius geführten Chores runden das ganz und gar stimmige Bild.
Zwei Jubiläen sind mit dieser Inszenierung, die sich durchaus als Positionsbestimmung eines Erstliga-Opernensembles ohne Abstiegssorgen deuten lässt, verbunden: Intendant Martin Schüler lieferte seine 100. Arbeit in Cottbus ab, und für Andreas Jäpel war es die 50. Partie an diesem Haus.
Schüler hat sich für sein Runden ein Stück ausgesucht, an das sich, wie die Aufführungspraxis zeigt, wenige Regisseure wagen. Sie brauchen darstellerisch sichere Sänger und für die Egksche Musik mit ihren Grenzfällen ein versiertes Orchester. Beides hat sich Schüler über Jahre aufgebaut, und so gelingt hier etwas ganz Großes, das eigentlich viel öfter hinausgezeigt gehört. Höchste Verdienste erwirbt sich dafür unter Opernfreunden Andreas Jäpel in der Titelpartie. Sein kraftvoller Bariton bleibt durchgängig präsent in glühend ausgelebter Rolle. Bravo! Bravo! J.Hnr.
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