Oberbürgermeister Tobias Schick muss sich den ersten Querschlägen stellen

Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD) vorm Cottbuser Stadthaus am Erich-Kästner-Platz. Hier haben die Fraktionen ihren Sitz und hier trifft das Stadtparlament alle Entscheidungen. „Was zu tun ist für Cottbus, gehen wir gemeinsam an.“, betont der Stadtchef. Foto: J. Heinrich
Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD) vorm Cottbuser Stadthaus am Erich-Kästner-Platz. Hier haben die Fraktionen ihren Sitz und hier trifft das Stadtparlament alle Entscheidungen. „Was zu tun ist für Cottbus, gehen wir gemeinsam an.“, betont der Stadtchef. Foto: J. Heinrich

Cottbus (h.) Die Stadt erlebt derzeit einen Oberbürgermeister der Außentermine in rascher Folge absolviert. Wir trafen ihn am Dienstag. Morgens besuchte er die Mitarbeiter der Telefonseelsorge, dankte für deren 30jährige ehrenamtliche Arbeit. Nach unserem Gespräch eilte er in die Sprem zu Begrüßungsworten für die Kunstausstellung „Seeachse“ im neuen Citybüro. Er sei omnipräsent wie im erfolgreichen Wahlkampf, sagen Beobachter, doch Tobias Schick selbst relativiert: Er will die Akteure der unterschiedlichsten Ebenen und ihre Sichten kennenlernen, um seinem wichtigsten Leitsatz Substanz zu geben: „Was zu tun ist, gehen wir in Cottbus gemeinsam an.“ Mehrfach traf er sich dafür in Unternehmerrunden, jüngst auch mit den Gastronomen, die bemüht sind, nach Corona zum bewährten Rhythmus zurückzufinden. „Wir haben gut besuchte Stadthallenprogram- me, aber die Leute finden nach dem letzten Beifall kein Lokal, um den Tag gut ausklingen zu lassen“, wird dem OB berichtet. „Wir versuchen zu helfen, raten zu abgestimmten Öffnungszeiten, wenn Personal fehlt“, sagt der und freut sich, dass die „Klassiker“ wieder starten: Kneipennacht am 1, April, Walzernacht im Sommer. „Was Gastronomen und Hoteliers wirklich hilft, sind Messen und Kongresse“, weiß der Stadtchef. Gebucht sind derzeit ein „Präventionstag“ der Sicherheitsbranche und 2024 der Deutsche Bauerntag, den hier zuletzt zur BuGa Helmut Kohl eröffnete.
Bahnwerk-Hallen, die Aussicht auf eine Medizin-Uni und erste Skizzen vom Wissenschaftspark haben eine gewisse Euphorie in Schicks Starphase getragen. Jetzt kam der erste herbe Schlag: Galeria schließt. Der noch junge Politiker weiß, dass dieses Haus, einst gefeiertes „konsument“ zur „DNA“ der Stadt gehört, in fast 55 Jahren zum Wohlfühlfaktor wurde. Unlogisch, dass es schließt an der Schwelle zum neuen Stadtwachstum. „Der Leiter berichtete mir von ‘guten Zahlen’. Er und 80 Mitarbei- terinnen sind geschockt.“ Er sei mit dem Eigentümer der Immobilie im Gespräch, sagt der OB. „Auf keinen Fall darf es eine zweite Brache in der Innenstadt geben. Auch diese Aufgabe gehen wir gemeinsam an.“ Zur ersten, der jahrzehntealten Brache, bleibt die Zuversicht dünn. Es gab einen Notartermin, heißt es. Mehr nicht. Die GWC, zum Eigentümer genötigt, solle nicht belastet werden. Schick will Geranien pflanzen, Planen mit Wandelbotschaften aufspannen und Bänke aufstellen. Einstweilen, wenigstens einen schönen Sommer lang. Mittel für Sanierung werden beantragt. Zwei Profis im Rathaus, die von solchen Dingen viel verstehen, wird der OB den Stadtverordneten zur Sitzung Ende des Monats zur Wiederwahl als Beigeordnete vorschlagen: den Finanzdezernenten Dr. Marcus Niggemann (CDU) und Bürgermeister-Baudezernentin Marietta Tzschoppe (SPD), die eigentlich für Mai den Ruhestand ins Auge gefasst haben soll. Gerade sie scheint der Stadt in ihrer aktuellen Aufgabenfülle unverzichtbar. Schick schwärmt: „Sie hat es geschafft, für unseren Schulbau in der Hallenser Straße sechs ganz unterschiedliche Fördertöpfe anzuzapfen. So wird aus dem entkernten Bau ab Schuljahr 2024/25 eine superneue Grundschule, dazu schon ab diesem Sommer eine Turnhalle, die es vorher gar nicht gab.“ Intelligente Politik kann Kunstwerk sein.
Motivierend, aber nicht ganz so ertragreich verliefen neben dem Schauwert beim Kanzlerbesuch die Gespräche. Schick hatte Zeit für einige Worte beim Kaffee mit Scholz. Der bleibt aber die Finanz- und Zeitaussagen zur Planungsbeschleunigung weiter schulding. Die Bund-Länder-Gruppe, die das Konzept nach November 2022 erarbeiten sollte, hat er noch nie einberufen. Die Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz haben Scholz dafür kritisiert, und Dietmar Woidke, Brandenburgs Ministerpräsident, geht mit Tobias Schick noch weiter: Nicht nur das fehlende zweite Bahngleis nach Cottbus, auch die fehlenden Wege und Brücken Richtung Polen blockieren die Entwicklung der Niederlausitz. Ohne ein Planungsbeschleunigungsgesetz dürften auch die Bauvorhaben der CTK-Forschungsgesellschaft „Thiem Research“ im Uni-Vorlauf holpern.
Auch für den Fach- und Arbeitskräftemangel erkennt Tobias Schick sehr deutlich die Bürokratie als eine Hauptursache: „Wenn uns Firmenchefs arbeitswillige Ausländer mit Fachzeugnissen aus ihren Heimatländern bringen und sie dringend einstellen wollen, müssen wir die Unterlagen nach Duisburg schicken und monatelang auf die Bearbeitung warten. Was für ein Unfug!“
Immerhin: Cottbus hat jetzt 600 000 Euro zur City-Ertüchtigung empfangen. Firmen, Vereine und Kreative können daraus mit passenden Projekten ihren Bedarf anmelden. Nichts soll brach liegen im schönen Cottbus.

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