Märchen vom braven Mädchen und dem Prinz
Kaiserin Victoria verbrachte ihre Kindheit bei Sommerfeld in der malerischen Niederlausitz

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„Die Geschichte ist bekannter als wir annahmen. Viele Leser wussten, dass die Frau an der Seite von Kaiser Wilhelm II., der Deutschland nicht sonderlich glücklich regierte, aus Dolzig bei Sommerfeld (heute Lubsko) kam. Wer das heute recht bescheiden wirkende, schlecht sanierte Rittergut, das „eher an einen Kolchosenhof erinnert“ (Zitat unseres Lesers Werner Bogen aus Döbern), betrachtet, kann an das Märchen vom armen Landmädchen denken, das von einem Prinzen geküsst und geheiratet wurde. Ganz so war es im Falle von Kaiserin Victoria nicht.
Das einstige Rittergut Dolzig in der preußischen Mark gehörte Herzog Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, der sich permanent mit den Schweden zofft und sich zeitweise als König von Schweden bekannt gab. Er und seine Gemahlin, die Prinzessin Adelheid zu Hohenlohe-Langenburg, zogen sich Mitte des 19. Jahrhunderts auf ihren märkischen Besitz zurück, wo ihnen als erstes von mehreren Kindern Töchterchen Victoria geboren wurde, die über die mütterliche Linie eine Großnichte der britischen Königin Victoria war. Klingt es dann noch nach einem „Wunder“, dass ihr Lebensweg sie an die Seite des deutschen Kaisers führte? Dessen Familie hatte aber heftige Probleme mit dem Mädchen aus der Lausitz, denn in deren Ahnenreihe gab es auch Bürgerliche. Unglaublich! Die Verlobung wurde wegen dieser Peinlichkeit erst Monate später bekannt gegeben. Aber schließlich heiratete das Paar im Feb-ruar 1881, und erst gut sieben Jahre später wurde aus dem Kronprinz ein Kaiser. Viktoria schenkte ihrem säbelrasselnden Gatten sieben Kinder und war wegen ihres sozialen Engagements sehr beliebt in Deutschland. Unter der Abdankung und Emigration 1918 litt sie weit mehr als ihr Mann; sie starb 1921. Der Exil-Kaiser heiratete bald danach die sehr junge Prinzessin Hermine von ­Schoenaich-Carolath. Der Blick auf die „ruhige Kindheit“ unserer letzten Kaiserin zeigt uns, wie geschichtsträchtig die landschaftlich malerische Niederlausitz östlich der Neiße ist. Leider sind die Schlösser meist zerstört, das prächtige von Amtitz sogar restlos abgetragen. Aber es gibt sehenswerte Kirchen und andere steinerne Zeugen, die von den Jahrhunderten erzählen. In vielen Orten exis-tieren bis heute Legenden über Friedrich II. und seine Gefolge, die hier häufig auf ihren Kriegen gegen Sachsen und Österreich unterwegs waren.
Siegfried Meißner hat uns eine E-Mail geschickt: „Diesmal ist Buchstabe ‘B’ richtig. Mich verbindet zwar nichts mit Dolzig, doch unter www.Dolzig.de habe ich viel Interessantes gefunden.
Ich bin Jahrgang 25 und im Kreis Sorau geboren. Zu meinem Heimatdorf Schönwalde/Sieniawa Zarska habe ich gute Verbindungen. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Bildreihe fortsetzen könnten. Viel ehemalige Bewohner des Kreises Sorau leben in der Niederlausitz. Sie und auch zahlreiche Geschäftsleute haben Verbindungen zu den Bürgern und Geschäftspartnern der nun polnischen Lausitz.
Solch eine Bilderreihe, wie sie im Märkischen Boten jetzt aufgelegt wurde, vielleicht einmal im Monat, würde Kontakte unterstützen und auch neugierig machen auf unser Nachbarland. Historisches Bildmaterial gibt es sicher genug. Übrigens sind die Polen an der Geschichte ihrer jetzigen Orte sehr Interessiert. Ich kann das von den jetzigen Bürgern meines ehemaligen Heimatdorfes bestätigen. Und woanders ist es nicht anders.
Georg Müller bedankte sich mit herzlichen Worten für die Präsente als Gewinner unserer Rätselfrage zum 20-jährigen Verlagsjubiläum und schickte uns gleich eine neue Lösung: „Und nun gehts ein letztes Mal auf Niederlausitzer Sommertour im Nachbarland Polen: Noch gas-tiere ich im Zentrum von Lubsko. Da kommt es mir in den Sinn, meine Schritte in Richtung Südwest zu lenken und nach wenigen Kilometern erreiche ich das eingemeindete Dluzek, einst als Dolzig der Geburtsort von Kaiserin Auguste Viktoria Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, daselbst auf dem Rittergut am 22. Oktober anno 1858 zur Welt gekommen. Sie heiratete am 27. Februar 1881 Prinz Wilhem und wurde Mutter von sieben Kindern. Mit 63 Jahren starb sie in den Niederlanden. Das Rittergut Dolzig selbst ist seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bekannt. Und was das ehemalige Dolzig angeht: auch im Berliner Friedrichshain erinnert ein Straßenzug an diesen kleinen Ort.“
Herbert Ramoth ergänzte dazu: „Beim Volk war Kaiserin Auguste Viktoria sehr beliebt, weil sie sich besonders in sozialen Einrichtungen wie z. B. in Krankenhäusern, beim Roten Kreuz und in Frauenverbänden engagierte. Die Novemberrevolution leitete das Ende der Monarchie in Deutschland ein.
Als die Weimarer Republik ausgerufen wurde, ging das letzte deutsche Kaiserpaar ins Exil in die Niederlande, wo Kaiserin Auguste Viktoria 1921 und Kaiser Wilhelm II. 1941 verstarben. Bei einem unserer Berlin-Besuche sind wir im Stadtteil Friedrichshain auf die DOLZIGER STRASSE gestoßen und so erfuhren wir, dass sie nach dem Geburtsort DOLZIG von Auguste Viktoria, Gemahlin des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., benannt wurde.“
Uns haben zu dieser SOMMER-TOUR-RÄTSEL-FRAGE u.a. auch Detlef Drobick, Viola Schiemenz, Otto Blunck, Ellys Ploke und Johanna Bartsch geschrieben und ihre Erinnerungen mitgeteilt.