Cottbus: Empfangsgebäude verschandelt

In unserer letzten Ausgabe hatten wir das historische Cottbuser Bahnhofsgebäude erreicht
In unserer letzten Ausgabe hatten wir das historische Cottbuser Bahnhofsgebäude erreicht

Leser erinnern sich an den alten Cottbuser Bahnhof / Im Krieg zerstört

Zum Rätselbild der Vorwoche schreibt Renate Brinke: „Leider habe ich dieses prachtvolle Gebäude nicht mehr selbst gesehen,  höchstens bei Umbauarbeiten an der Mittelinsel einen Blick in die Reste des Kellergeschosses werfen können. Es ist erstaunlich, wie gut die Kacheln an den Kellerwänden noch erhalten sind. Das  Bild müsste von Mitte der Dreißiger  Jahre stammen, denn da wurde der Mittelteil aufgestockt, um Raum für Büros zu schaffen. Ursprünglich war der Eingang mit einer Glasüberdachung versehen.“

Herbert Ramoth merkt an: „Weite Teile des Cottbuser Bahnhofs sind bei einem Luftangriff im Februar 1945 zerstört worden.“ Er schreibt, was nicht stimmt, dass auch das gezeigte Empfangsgebäude, das 1871 eingeweiht wurde, betroffen war. Das stimmt nicht; es wurde erst von der SS in April 1945 gesprengt. Unser Leser weiter: „Nach dem Krieg wurde ein Baracken-Provisorium errichtet, das der Reisenden-Abfertigung diente. Erste Planungen für einen Neubau gab es Ende der 1960er-Jahre. Mit den Arbeiten am neuen Bahnsteigtunnel wurde 1974 begonnen. Nach weiteren vier Jahren wurde das neue Empfangsgebäude des Cottbuser Bahnhofs im Oktober 1978 seiner Bestimmung übergeben. Nun steht der Bahnhof wieder vor einer umfangreichen Um- und Neugestaltung.“

Eisenbahn-Spezi Harald Großstück schreibt: „Dem Text muss ich energisch widersprechen. Ein wunderbarer Anblick ist das nicht. Der Architekt August Friedrich Wilhelm Orth  (1828 – 1901) grämt sich heute noch über den hässlichen Anbau, den die Reichsbahndirektion Halle da an das ehemals wunderschöne Empfangsgebäude klebte.  Man feierte die Eröffnung dieser Verschandelung am sogenannten Tag des Großdeutschen Reiches, am Donnerstag, 7. April 1938.“

Frank Hübener meint: „Den alten Bahnhof hatten Sie am 1.4.2016  geschichtlich näher beschrieben. Als kleiner Junge war ich oft hier. Der Eingang hatte drei Schwingtüren, die uns viel Spaß machten. Dem gegenüber waren zwei Schwingtüren,  die zu den Bahnsteigen 1 bis 5 zu den Zügen nach Berlin, Leipzig, Görlitz, Forst usw. führten und zum Tunneldurchgang Richtung Spreewaldbahnhof. Im Bahnhofsgebäude befanden sich die Fahrkartenschalter (rechts neben dem Ausgang zu den Bahnsteigen), die Gepäckaufbewahrung, ein Zeitungskiosk und die Mitropa-Gaststätte. Dort war Serviermeister Wilfried Koch Chefkellner. Betreffs des Essens forderte er hohes Niveau,  sonst flog das Essen retour in die Küche. Das sind nur ein paar Erinnerungen,  die mir beim Anblick des Bildes vor meinem inneren Auge auftauchten.“

Annemarie Grimmler merkt an: „Dieses kann nur der alte Bahnhof sein. Im Rahmen des 150. Geburtstages des Bahnhofs wurde das Bild auch im Stadtmuseum mehrmals präsentiert.“
Ulrich Constantin hat in der Geschichte gestöbert: „Der Bahnhof wurde 1871 durch den Eisenbahnkönig Bethel Henry Strousberg errichtet, nachdem dieser 1866 die Strecke nach Berlin und 1871 auch eine nach Guben bauen ließ. Das Gebäude wurde gemäß dem damaligen Zeitgeschmack mit italienischen Stilelementen errichtet und später  bei einer Bahnhofserweiterung aufgestockt. Es erhielt 1936 noch den im Bild erkennbaren Vorbau, nicht zu seinem architektonischen Vorteil.

Am 22. April 1945 wurde es durch die Nazi-SS gesprengt, die im Keller eine Stabsstelle eingerichtet hatte. Das erste Cottbuser Bahnhofsgebäude war es aber nicht. An der Nordseite befindet sich noch heute der Großenhainer Bahnhof, betrieben von 1876 bis 1885 für eine andere Bahngesellschaft. Er diente später der Reichs- und dann der Bundesbahn als Büro. Nach Baracken-Jahrzehnten  konnte endlich 1978 an der Vetschauer Straße ein neues, damals wegen der blauen und weißen Mosaiksteinchen an den Außenwänden spöttisch ‘Bayerischer Bahnhof’ genanntes Bahnhofsgebäude eingeweiht werden.