Gerettet zum Stolze der Stadt Cottbus

Aus grauen Häusern am Thälmannplatz wurden wahre Schmuckstücke.

Brandenburger Platz im Jahr 1992
Der Brandenburger Platz im Jahr 1992

„Heute möchte ich das erste Mal beim Gewinnspiel mitmachen, bisher war ich nur stiller Leser“, schreibt Annett Remane aus der Spremberger Straße in Forst: „Die Häuserzeile befindet sich in Cottbus am Brandenburger Platz. Ich kann mich noch an den Zustand vor der Sanierung erinnern. Später habe ich einige Jahre im neuen Ostrower Wohnpark gearbeitet und konnte in beinahe jeder Mittagspause den Anblick der wunderbaren Häuser genießen. Bloß gut, dass diese Schmuckstücke erhalten wurden.“

Klaus Reiter aus Cottbus ordnet das Motiv ein: „Vorn auf der Ecke war Cafe Seidel, später das Cafe am Turm. Im Haus hinter dem Gerüst gab es Fahrscheine für die Buslinien, denn wo heute Multipolster ist, war der Busbahnhof. Ganz bekannt war das Fahrradgeschäft Vater vorn rechts. Der Gründer war ein aktiver Rennfahrer bei Endspurt 09. Ich habe dort etliches gekauft.“ Auf das Fahrradgeschäft geht auch Ramiro Lehmann vom Schulweg in Sielow näher ein. „Haus-Nr. 1: war vor 100 Jahren die Drogerie G. Wagner; im Haus-Nr. 2 hatte der Eigentümer und Gastwirt Max Andrag sein ‘Wiener Café’; Haus-Nr. 4 wurde 1886 für den Kaufmann G. E. Franke errichtet; Haus-Nr. 5 ist wahrscheinlich das bekannteste. Hier öffnete am 19.2.1919 Wilhelm Vater sein Fahrrad-Geschäft, das sein Sohn Willi 1945 übernahm. Ab 1970 führte es Frieda Vater. Ältere Leser werden sich an den Kellerladen erinnern, wo man so manches Ersatzteil erstehen konnte. Auch ich war dort mehrfach einkaufen. Den Namen gibt es noch: In den 1980er Jahren zog das Geschäft in die Bautzener Straße. Weitergeführt wurde es ab 1983 von Christa Lieben, seit 1995 vom Sohn Gerd .“

Haus Brandenburger Platz 4 damals
Haus Brandenburger Platz 4 damals
Brandenburger Platz Nr 4 Lehmann Pumpa
Haus Brandenburger Platz 4 heute
Neustädter Tor
März 1990: Höchste Not. Richtung Neustädter Tor hat der Abriss begonnen. Der Protst ist unübersehbar. Foto: D. Leubauer

Susanne Haupt aus der Cottbuser Inselstraße erinnert sich: „Dank starken Bürgerprotestes (die Schriften an den Häuserwänden bezeugen es) konnten die Bauwerke erhalten und wunderbar saniert werden. Im letzten Haus (rechts) befand sich die Werkstatt des Fahrradhändlers Vater.“ Hans-Jürgen Koch, An der Ringstraße in Cottbus schreibt: „Diesmal will ich mich mal an der Auflösung beteiligen, weil ich damals selbst Fotos von diesem Objekt gemacht habe. Es ist die nördliche Häuser-(Ruinen)-Zeile am damaligen Thälmannplatz, heute Brandenburger Platz. Und es ist toll, dass die Proteste Erfolg hatten.“ Frank Irmer aus Cottbus kennt sich aus: „Wir sind auf dem Brandenburger Platz, ursprünglich Neustädter Platz, ab 1888 bis 1945 Kaiser-Wilhelm-Platz und ab 1945 Thälmannplatz. Der Busbahnhof scheint schon zur Marienstraße umgezogen zu sein. Kaum einer glaubte mehr an den Erhalt der Häuser. In der Nummer 5 kann ich mich noch an den Fahradladen Vater erinnern.“ Nur kurz schreibt Herr oder Frau Wetzk: „In ihrem Bilderrätsel vom 10. Mai handelt es sich um den Brandenburger Platz in Cottbus. Zu DDR Zeiten fuhren dort Busse in alle Richtungen.Ein Fahrradladen war in rechten Bildausschnitt untergebracht.“

Eberhard Witzke aus der Calauer Straße war damals Stadtführer: „Um diese Zeit hatte ich in einer öffentlichen Stadtrundfahrt ab Hotel Lausitz ein Kamerateam des ZDF dabei. Die filmten nur diese Häuser im bedauerlichen Zustand, das Neubaugebiet Sachsendorf-Madlow und das Textilkombinat Cottbus, was vom Aus betroffen war. Nach einem Monat konnte ich mich in einer ZDF-Reportage ‘Wir hier unten’ bewundern. Die Moral: Glaubt dem Fernsehen nicht bedingungslos. Kommt und schaut Euch die Realität an und hört auf die Bewohner. Was lange währt, wird gut. Die Häuser am Brandenburger Platz sind toll hergerichtet.“ Das findet auch Arno Schulz aus Guben: „Wir fuhren auch nach der Wende öfter zum Einkauf bis Cottbus. Das Auto stellten wir, wie schon zu DDR-Zeiten, auf einen kostenlosen Platz Richtung Spreeufer. Zur Sprem liefen wir an den unansehnlichen Gebäuden vorbei, die dem Verfall preisgegeben schienen. Um so erfreulicher, dass sich Bürger für den Erhalt einsetzten. Die Häuser haben neuen Glanz. Da fällt mir die Nationalhymne ein: Auferstanden aus Ruinen…“

Irina Lehmann aus der Räschener Straße radelt gedanklich zurück: „Das sah damals wirklich so aus, man kann es heute kaum glauben. Ich erinnere mich, wie ich manchmal schon früh um 6 Uhr an dem kleinen Kellergeschäft von Fahrrad-Vater in der Schlange stand, um Glühbirnchen für die Fahrradbeleuchtung zu kaufen. Es gab maximal zwei pro Person. Vor allem die Lämpchen fürs Rücklicht waren absolute Mangelware. Leider hielten sie auf unseren holprigen Radwegen nie lange.“

Dieter Leubauer aus Cottbus hat die Zeit im Bild festgehalten: „Hier befanden sich mal Bushaltestellen des Linienverkehrs. Ich erinnere mich, dass wir im Februar 1961, am Tag unserer Eheschließung, gerade noch den überfüllten Bus erreichten, der uns stehend bis nach Luckau beförderte. Um 1989 zeigt sich auf meinen Fotos, dass offenbar mit der Sanierung einzelner Häuser begonnen wurde. Dann gab es Befürchtungen hinsichtlich eines möglichen Abrisses der Häuser, zum Ausdruck gebracht durch Protestinschriften an den Wänden. Heute sieht dieser Straßenzug schmuck aus, und man hat dort auch die Möglichkeit, sein Geld auszugeben…“

Der Cottbuser Günther Aschenbach meint „Dieser Anblick blieb uns leider noch länger erhalten. In den Folgejahren hat sich dann einiges getan und es entstand in der Zeit des Aufschwunges die Schloßkirchpassage mit Einkaufsmöglichkeiten. Leider war ihr kein dauerhafter Bestand gesichert. Auch das ‘Heimelich’ war dort etabliert und wurde von mir zur Mittagszeit gerne besucht.“

 Thälmannplatz
Dieter Leubauer hat dokumentiert: Im Mai 1990 gab es im Bereich Thälmannplatz Ansätze zur Sanierung der Häuser. Im Bild oben ist das Eckhaus (zur Sprem gehörend) immerhin eigerüstet, bei den dann Richtung Ost folgenden Häusern ist die Situation unklar..

Thaelmannplatz 1989 05 2

Unser Cottbuser Leser Jens Pumpa weist besonders auf Haus Brandenburger Platz 4 (im Rätselbild rechts neben dem Gerüst) hin. Es steht auf der Liste der Baudenkmale in Cottbus. Dieser viergeschossige Putzbau unter Flachdach wurde 1886 für Kaufmann G. E. Franke errichtet. Einfache Wohnungen (2 Stuben, Nebenraum und Dunkelküche) dienten Arbeitern als Unterkunft. Das Gebäude gehört zu den wenigen Beispielen aus der Frühphase des Mietwohnhausbaus in Cottbus. Spätklassizistische Architektur zeigt sich durch kräftige Fensterrahmung und die Pilasteranordnung im 3. Obergeschoss. Die Herausforderung bei der Sanierung bestand aus in erschwerter Technologie, da dieses Haus sich in geschlossenem Fassadenzug befindet und der Zugang an der Rückfassade nur durch das Treppenhaus möglich war.“ Errichtet wurde dieses Haus ursprünglich von der Baufirma Pabel.

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