Spremberg. Das Kombinat Schwarze Pumpe in der Aufbauphase um 1960

Drei neue Schlote für mehr Briketts / Alte Autoreifen ließen Schornsteine qualmen / Panzer stand auf Gelände
damals101211_spb Günter Lohr schreibt: „Das Foto wurde von der Bereitschaftssiedlung in Schwarze Pumpe aufgenommen. Es zeigt die Aufbauphase von 1959. Das Kraftwerk West war noch nicht in Betrieb. Der Baubeginn vom KW-West erfolgte 1957. Die Inbetriebnahme sollte am 1. Mai 1959 erfolgen und somit auch die Brikettfabrik West mit Dampf versorgen. Da dies wegen technischer Probleme nicht gelang, wurden symbolisch alte Autoreifen im Schornstein verbrannt. Auf dem Foto ist zu erkennen, dass die Schornsteine nicht rauchen. Der Dampf für die Brikettfabrik West wurde dann vom Kraftwerk Trattendorf bezogen. Das KW-Mitte ist im Bau zu sehen, welches zwischen 1963 und 66 ans Netz ging. Später kam das KW-Ost dazu, welches zwischen 1968 und 1974 gebaut wurde. Ich war beim Kraftwerksbau ab 1964 als Elektromonteur bei VEM Berlin, später Kombinat Elektroprojekt und Anlagenbau Berlin, bis zur Baustellenschließung 1976 tätig.
Die Höhe der drei Schornsteine betrug beim KW-West 120 Meter, beim KW-Mitte drei Schlote je 150 Meter und beim KW-Ost zwei Schlote je 200 Meter. Die installierte Kraftwerksleistung lag beim KW-West bei 4 x 25 MW und 3 x 50 MW. Beim KW-Mitte 6 x 50 MW (Blöcke 21-26), KW-Ost 2 x 50 MW (Blöcke 31+32) und 4 x 100 MW (Blöcke 41-44). Hinzu kam eine Trainermaschine mit etwa 15 MW.
Im KW-Ost halfen auch ausländische Firmen zur Verstärkung. So waren Slowaken aus Bratislava und Jugoslawen aus Montenegro am Bau beteiligt. Als Kinder haben wir auf dem jetzigen Betriebsgelände, auf schlesischer Seite, den Eltern bei der Feld- und Waldarbeit geholfen. Damals kam die Arbeit vor den Schulaufgaben. Die Landesgrenze zwischen Schlesien und Brandenburg war noch teilweise erhalten und bestand im Wald aus einem ca. einem Meter breit ausgehobenen Wall. Im Krieg wurden zwischen Zerre und Schwarze Pumpe drei Panzer abgeschossen. Ein ausgebrannter stand noch etliche Jahre danach herum, was für uns Kinder immer interessant war.“
Auch Andreas Lemke erkannte das Motiv. Er mailte uns: „Das Foto ist aus Richtung Südwesten von der heutigen B 97 aus gemacht worden, vermutlich um 1962. Das Kombinat wurde von 1955 bis 1973 gebaut.
Zu sehen sind die bereits produzierenden Betriebsteile Kraftwerk West und Brikettfabrik West sowie die Hauptwerkstatt und das Verwaltungsgebäude. Dahinter wird das Kraftwerk Mitte errichtet, der Bauzeitraum war im wesentlichen von 1960 bis 1966. Der im Bau befindliche mittlere Schornstein gehörte zu den Kraftwerksblöcken 23 und 24. Insgesamt 6 Blöcke gab es in diesem Industriekraftwerk Mitte, jeder mit einem Dampfkessel (420 t Dampf pro Stunde) und einer Entnahme-Gegendruck-Turbine mit Generator (50 Megawatt) ausgestattet.
Das Kraftwerk Mitte ist im Oktober 1962 mit seinem ersten Block in Betrieb und im Juni 1998 mit seinem letzten Block außer Betrieb gegangen. Die drei Altkraftwerke West, Mitte und Ost mit insgesamt 19 Blö­cken und 1050 MW Leistung sind nach der Wende durch das moderne 2 x 800-MW-Kraftwerk Schwarze Pumpe ersetzt worden, welches nördlich von diesen errichtet wurde. Seit Beginn meiner Lehre 1975 bis heute arbeite ich in Schwarze Pumpe. Mein Lehrmeister ist Hans-Joachim Biehn gewesen. In den Jahren 1981 bis 1987 war ich als Elektriker im Kraftwerk Mitte beschäftigt. Mein damaliger Meister war Werner Reichel und mein Arbeitsgruppenleiter Detlef Voigt, beide aus Spremberg. Von ihnen konnte ich für meinen Beruf und fürs Leben lernen.“