Spremberg: Die alte Georgenberg-Schlucht; noch ohne Gehwege

damals110716_spbDas Gelände war für Kinder beliebter Spielplatz und Rodelbahn / Foto vor der Neupflasterung
Manfred Gnida schreibt: „Das Foto zeigt einen Teil der Georgenbergschlucht etwa zwischen 1910 bis 1920. Die aus der Stadt herausführende Georgenbergschlucht wurde 1833 angelegt. Der Einschnitt wurde verbreitet, große Erdabtragungen erfolgten und mit den anfallenden Erdmassen erfolgten Auffüllungen in der Nähe der Forster Brücke. Für den Handelsverkehr in Richtung Forst, Sorau, Frankfurt, Polen u.s.w. war der Ausbau dieser Schlucht eine große Erleichterung. Vor 1833 wurde die Bergstraße, die um 1830 noch als Bylower Weg bezeichnet wurde, im Bogen um den nördlichen Georgenberg als Ausfallstraße genutzt. Als die Bahnstrecke von Berlin nach Görlitz 1866 eröffnet wurde, ging der einzige Weg zum Bahnhof durch die Georgenbergschlucht und die Kirschallee. Auch die Verbindung zum Friedhof war eine Erleichterung. Gut 70 Jahre wurde die Schlucht als Verbindung zum Bahnhof genutzt, bis 1926 eine Forderung für eine kürzere Strecke bestand. Durch Notstandsarbeit wurde das Vorhaben verwirklicht und es entstand eine neue Straße, die heutige Bahnhofstraße. Damals mit Nutzung der Georgenbergschlucht betrug die Zufahrt vom Markt zum Bahnhof 2030 Meter und verkürzte sich durch den Neubau auf 1250. Historisch sind auch die Gebäude am Standort des Fotografen und besonders der linke vordere Teil am Anfang zur Bergstraße. 1861 wurde es als Realgymnasium gebaut und genutzt. Der Kaufmann Hermann Raffelt erwarb es später und richtete darin Wohnungen und ein Spirituosen- und Lebensmittelgeschäft ein, welches 1968 geschlossen wurde. Auch die letzten Mieter zogen etwa 2001 aus diesem Haus. Viele Jahre stand es leer und zur Zeit erfolgt eine umfangreiche Rekonstruktion und ein weiterer Schandfleck verschwindet hier am Fuße der Georgenbergschlucht. Gefährlich war es für die Häuser im Anschluss, als in Spremberg noch ein Panzerregiment stationiert war, wenn Panzer den Berg hinab fuhren. Bei dieser steilen Abfahrt und dem damaligen Kopfsteinpflaster kam man schnell aus der Spur.“
Peter Zühlke schreibt: „Die Georgenbergschluchtstraße wurde im Jahre 1833 unter Ausnutzung des vorhandenen natürlichen, sehr steilen Berganschnittes angelegt. Vorher war die Bewältigung dieser Strecke mit Fuhrwerken nur an bestimmten Jahreszeiten mit entsprechend verstärktem Vorgespann möglich. Durch die Nässe und den weichen Boden blieben viele Fuhrwerke stecken. Der gesamte Handelsverkehr vor 1833 führte deshalb durch die Bergstraße. Beim Bau der Straße wurde nicht nur der Einschnitt wesentlich verbreitert, sondern es mussten auch erhebliche Abtragungen vorgenommen werden. Der untere Teil der Bergstraße bis zur Forster Brücke wurde dabei stark aufgefüllt. Links (im Bild nicht zu sehen) das Haus Bergstraße 1 wurde 1862 als Schule eingeweiht. Mit der Errichtung der neuen Schule 1910 in der Mittelstraße wurde die Bergstraße 1 als Wohn- und Geschäftshaus umgebaut. Ab 1974 wurde es nur als Wohnhaus bis 1998 genutzt. Ich selbst habe dort ab 1974 gewohnt. Durch die gepflasterte Straße war es sehr laut und im Winter gab es viele Unfälle durch Schnee und Eis. Das Haus vorn links wurde bereits zu DDR-Zeiten abgerissen.“
Hans-Joachim Nevoigt schreibt: „Die alte Georgenbergschlucht ohne Gehwege, das Kopfsteinpflaster kann man nicht erkennen. Damals die einzige Verbindung zum Hauptbahnhof. Auf der linken Seite das Wohnhaus von Friedrich Zerbol, Georgenstr. 4. Bei der Neugestaltung der Straßenführung in den 1930er Jahren hat sich der Kriegsinvalide 1914-1918 mit Erfolg gegen den Abriss seines Hauses gewehrt. Es wurde erst am Ende der 1950er Jahre abgerissen. Auf der selben Seite links daneben war die Werkstatt und Lagerplatz vom Bildhauer Bernhard Hoffmann. Die neuen Soldaten haben auf dem Heimweg vom „Stadtkaffee“ zur Kaserne dann nachts noch Kraftproben mit den Grabsteinen gemacht. Wer am weitesten noch so einen Stein schleppen konnte. Die lagen dann in Abständen am Straßenrand. Zum Ärger von Herrn Hoffmann. Wir haben als Kinder natürlich auch versucht, hier zu rodeln. Ging aber nicht richtig, man ist immer nach links rüber gerutscht. Gefährlich war es auch, wenn dann mal ein Auto von unten kam. Die Leichenwagen mussten auch hier immer hoch, war auch schwer für die Pferde. Nach dem Bau der Hindenburgstraße (Str. der Jugend, Bahnhofstr.) wurde alles anders.“
Klaus Henschel diskutierte das Rätselbild im Freundeskreis und kommt zum Entschluss, dass die alte Georgenbergstraße zu sehen ist. „Das kleine Haus (links im Bild) wird heute die Hausnummer 34 sein. Davor das Haus, Georgenstraße Ecke Bergstraße wird gerade saniert. Das Foto wurde wahrscheinlich um 1935 von der Einfahrt zur Bergstraße geschossen.“
Dr. Horst Henkel berichtet: „Es ist der alte Georgenberg. Das Rätsel war einfach für mich, weil ich da einmal gewohnt habe. Links zu sehen das Haus Georgenstraße 6. Das dahinter vorragende Gebäude war ein Schuppen und die Toilette. Das Wohnhaus stand nach dem Kriege noch. Nach Leerstand wurde es schließlich abgerissen, das müsste in den 50er, 60er Jahren gewesen sein. Das Haus Georgenstraße 5, Richtung Forster Straße zu, ist nicht mehr auf dem Foto zu sehen. In diesem Haus habe ich meine Kindheit verbracht. Es ist weit nach dem Kriege abgebrannt. Das Haus gehörte Herrn Zerber. Zu den Grundstücken gehörten auch die Berghänge, die wir gern mit nutzten, was aber Herrn Zerber nicht gefiel.
Das Foto wurde noch vor dem Bau der Kaserne 1937 aufgenommen, denn in diesem Zuge wurde die Schlucht erneuert und die Straße neu mit Kleinpflaster versehen. Vorher war Kopfsteinpflaster verlegt, auf dem Foto ist das aber nicht zu erkennen. Mit der Erneuerung der Straße wurden auch Gehwege auf beiden Seiten anlegt. Und zwischen Bürgersteig und Straße war ein Grünstreifen aus Liguster (Hecke) gestaltet worden. Das Foto muss also vor der Neupflasterung aufgenommen worden sein, denn der Grünstreifen fehlt noch. Die Hecke begann an der Treppe, rechts bei den Fußgängern. Sie führte zum Kriegerdenkmal für den Krieg 1970/71. Es war ein Obelisk mit Bronzeadler, der auf dem Georgenberg stand. Nach dem Kriege wurde es als ‘Nazidenkmal’ gesprengt oder vergraben – nach den Resten wird wohl heute noch gesucht. Wo der Mann mit der Schubkarre steht, führte auch nach links eine Treppe hinauf zur Kleingartenanlage – heute ist dort wieder eine Kleingartenanlage. Das war die Gärtnerei Gafke. Das Gelände sollte ehemals ein Lazarett werden. Die Mauer wurde noch errichtet. Für das Lazarett wurde extra die neue Zufahrt nach Weskow gebaut. Für das Lazarett wurden schon Steine angefahren, doch dann kam der Krieg dazwischen, so dass es nicht mehr gebaut werden konnte.“