Kommentar: Weiter nachsitzen

Rechtzeitig vor den Herbstferien, die kommenden Montag starten, haben Brandenburgs Schullenker ihren Kummer dargetan. Von “dramatischem Rückgang der Kompetenzen“ der Grundschüler in wichtigen Fächern wie Deutsch und Mathe sprach Bildungsministerin Katrin Ernst am Mittwoch vor der Presse. Alle wussten längst, dass Brandenburgs Kinder die schlechtesten Werte deutschlandweit zu tragen hatten. Sie sind nicht die dümmsten, gewiss, aber die am schlechtesten beschulten Jungen und Mädchen. Im Durchschnitt der Bewertung jedenfalls; es gibt sehr gute Schulen und hervorragende Lehrer, aber in der Summe ist das Gros der überforderten Schulmeister nicht Herr oder Frau der Lage. Und das fängt, wie beim Fisch, am Kopf an.
Seit 2001 schon geht der Jammer um. Damals hieß das Pisa-Schock. Jetzt orgelt die Ministerin durch die Umstände. Dass ihr Land direkt nach coronabedingtem Wechselunterricht getestet wurde, andere zu “günstigerer” Zeit, habe das Bild verzerrt. Das klingt wie Lieschens gestotterte Ausrede, wenn sie zu spät kommt.
Jeder, der als Lehrer oder Elternteil mit Schule zu tun hat, kennt das 30 Jahre währende Rote brandenburgische Dilemma, das schon im Kindergarten beginnt. Da will Frau Ernst nun in einem 12-Punkte-Programm beginnen, bessere Übergänge zu schaffen. Kennt sie die katastrophale Überlastung des Personals in den Kitas nicht? Oft müssen Eltern Nannys bezahlen, weil im Kindergarten mal wieder keiner da ist. Bei der Lehrerschaft sieht es ähnlich aus. Seiteneinsteiger (sie sollen künftig gar verbeamtet werden können) retten das Niveau nicht. Das Land braucht hervorragend ausgebildetes, gut bezahltes pädagogisches Personal. Nun sollen ab nächstem Schuljahr und dann in jedem weiteren 1 600 Lehrer eingestellt werden. Sind die schon an den Hochschulen immatrikuliert? Wahrscheinlich nicht, ist zu vermuten. Fürs Ministerium ist jedenfalls erstmal nichts mit Ferien. Die Fortbildungsklasse Ernst muss nachsitzen! J.H.

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