Schnellzug oder Draisine

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Da hatte Holger Kelch am Ende seines ersten Oberbürgermeister-Jahres in diesen Dezembertagen doch ein schönes Bild zur Hand. Inspiriert vom Start zum großen Bahnhofsumbau, vom „Schichtwechsel“ am Tagebau Nord und vom Aufbruch in den Lausitzer Strukturwandel griff er zum Eisenbahnerbild: „Wer vernünftig und verletzungsfrei umsteigen will, der sollte nicht unterwegs abspringen, sondern mit dem Zug erstmal in den Bahnhof fahren. Und dort sollte dann mehr vorbereitet sein, als nur eine Draisine.“ Recht hat der Mann. Offen bleibt nur die Frage, wer einen fahrtüchtigen Schnellzug ans Umsteigegleis beordert. Oder wenigstens einen „glaubwürdigen“ Regionalzug.
Das Adjektiv glaubwürdig ist ein Lieblingswort des Cottbuser Kommunalpolitikers geworden. Eine Lehre aus dem Geschehen auf Deutschlands Straßen im abgelaufenen Jahr.  Da haben zu viele Menschen der Politik und den Medien Absagen erteilt: unglaubwürdig.
Das eine hängt mit dem anderen zusammen. Einen Strukturwandel zu beginnen, heißt eben, mit klarem Fahrplan auf die Strecke zu gehen und nicht an jedem Haltepunkt Ausstiegspanik zu verbreiten.
Ob die Lausitz irgendwann mit einer Draisine Vorlieb nehmen muss und sich als Schlaf- und Museumsregion im fernen Weichbild der deutschen Hauptstadt wiederfindet, hängt freilich vom eigenen Bahnhofs- und Zugpersonal ab. Anders gesagt: Veraltete Fahrpläne nützen gar nichts. Zum Beispiel deklariert Cottbus das 2016er Jahresmotto „Wirtschaft und Handwerk“. Purer Schwachsinn! Als ob Handwerk nicht Wirtschaft wäre. Oder bilden wir doch vorsichtshalber Draisine-Personal aus?