Hoher Wellengang für jungen Forster Stadtchef

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Die Flüchtlingsaufgabe und die Steuerausfälle haben den Forster Bürgermeister Philipp Wesemann vor große Herausforderungen im ersten Amtsjahr gestellt. Dennoch zieht er eine positive Bilanz seiner Arbeit Foto: Mathias Klinkmüller

Bürgermeister Philipp Wesemann sieht nach einem Amtsjahr erste Versprechen vor der Erfüllung:
Forst (mk). Nach einem Jahr im Amt ist dem einst jüngsten Bürgermeister Deutschlands Philipp Wesemann klar: „Anstrengend ist es“. Der Bart ist gewachsen und auch ein paar Pfunde hat er zugelegt, gibt der 26-Jährige zu. Zur Jahresbilanz hat er sich kleine Notizen gemacht. Er ist zufrieden mit dem, was er bislang auf den Weg gebracht hat. Da ist die versprochene Jugendbeteiligung deren Vorbereitung mit der Jugend bereits im Aufbau ist.
Da ist der Präventionsrat, der zwar keine schnellen Wunder vollbringen kann, aber, wie der Bürgermeister findet, ein gutes und vor allem ein bürgernahes Werkzeug zu mehr Sicherheit in der Stadt ist. Und da ist die stärkere Würdigung der Ehrenamtsarbeit – ein Thema, das ebefalls in die Zielkurve eingebogen ist. Ehrennadel oder Eintrag in das Goldene Buch der Stadt, aber auch das Schaffen von Forster Angeboten für freiwillige Helfer, die künftig so die Brandenburgische Ehrenamtskarte nutzen können, sind angedacht.
Sein erstes Jahr als Bürgermeister war nicht wie jedes Andere, betont Philipp Wesemann. Zwei große Themen sorgten für höheren Wellengang in der Stadtpolitik. Geglättet hat sich bereits die Woge der Flüchtlingsunterbringung. Dankbar ist er hier vor allem dem Flüchtlingsnetzwerk und der Forster Brücke für das Mühen um die Integration.
Die zweite Welle hingegen ist nur schwer zu beherrschen. Der Wegfall der Vattenfall-Gewerbesteuer sorgte für eine zweimalige Erhöhung des Kassenkredites. „Mit Sparen kennt sich Forst aus“, sagt der Bürgermeister, warnt aber gleichzeitig davor, dass das Korsett so eng wird, dass die Luft zum Atmen fehlt. Schließlich solle die Rosenstadt auch in Zukunft lebenswert bleiben. Ein wichtiger Faktor sei hier die Wirtschaft.
Als unglücklich findet er, dass die Wirtschaftsförderung als freiwillige Leistung der Stadt eingestuft wird. Jedes hier investierte Geld ist gut angelegt, findet er. Die Millioneninvestition auf dem Gut Neu Sacro, aber auch kleinere Fortschritte im Gewerbegebiet sowie der starke Mittelstand der Stadt machen den Bürgermeister zuversichtlich. In Netzwerken mache die Stadt derzeit zudem überregional auf sich aufmerksam. „Dem Berliner Speckgürtel Investoren abzulocken, ist aber eine sehr schwierige Aufgabe“, schätzt der Bürgermeister ein. Die Anfragen, in Brandenburg investieren zu wollen, sind zudem rückläufig.
Mit der Erweiterung der Kooperationspartner-Liste in der Oberschule soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Dass die Stadtverordneten sich für die Unterbringung der Jule im Textilmuseum entschieden haben, begrüßt der Verwaltungschef. „Die Jule war und ist ein Museumsobjekt“ findet er. Eines, welches sehr gut zum Textilmuseum passe. Daran, dass die bei den Forstern beliebte Bahn Touristen anlockt, wenn sie etwa auf freier Wiese an der Berliner Straße stünde, glaubt er nicht. Bezüglich der Verwaltungsstrukturreform hofft der Stadtchef, dass Forst Kreisstadt bleibe oder zumindest als Verwaltungssitz des Kreises die Arbeitsplätze vor Ort sichert. „Wir müssen die Kaufkraft hier behalten“, sagt er.
Eine Mammutaufgabe wird es, Investoren für das Areal rund um die Stadtkirche zu finden. Wichtig sei dabei, nichts zu verbauen. Baufelder müssen vorgehalten werden, damit dieses Gebiet für Investoren attraktiv bleibt, meint Philipp Wesemann.
In die Zukunft geschaut, wünscht er sich, dass die Sanierung der Schwimmhalle beginnen kann. Die Stadt hat sich hier um verschiedene Fördertöpfe beworben. Eine Bestätigung ist derzeit noch nicht in Sicht. Visionen für die kommenden sieben Jahre zu entwickeln, bezeichnet der Bürgermeister als schwierig. Das Heft des Handelns hänge vom Einwerben von Fördermitteln ab.
Sein schlimmster Tag im Amt war bislang der, als er erfuhr, dass die Roma-Familie, die bereits gut in der Stadt integriert war, nicht hier bleiben dürfe. „Ich habe mich sehr für diese Familie beim Innenminister eingesetzt. Dieses Scheitern war ein sehr einschneidendes Erlebnis“.