Im Gespräch mit Ingo Senftleben, dem neuen Landtags-Fraktionschef der CDU aus der Lausitz:
Region. Neben Ministerpräsident Woidke (SPD) aus Forst und dem Landeschef der CDU, Michael Schierack aus Cottbus, ist mit dem Ortrander Ingo Senftleben (40) ein dritter Lausitzer in eine Führungsrolle der Landespolitik aufgestiegen. Mathias Klinkmüller sprach mit dem gelernten Brückenbauer.
Herr Senftleben, Sie sprechen gern von Angriff. War die CDU bislang zu zahm?
I. Senftleben: Wir waren nicht zu zahm. Die Diskussion zur Regierungsbildung in Brandenburg hat aber die Diskussion über Inhalte überlagert. Angreifen heißt für mich nicht nur zu schimpfen, ich will auch pragmatische Politik betreiben.
Was heißt das?
Die Parteien, ob in der Regierung oder in der Opposition müssen bei Themen, in denen sie inhaltlich weitgehend übereinstimmen, auch stärker zusammenarbeiten.
Tun sie das jetzt nicht?
Ich habe nicht das Gefühl, dass unsere Angebote immer gewollt sind. So haben wir etwa angeregt, beim Thema Flüchtlingspolitik einen Runden Tisch zu schaffen, an dem Kommunal- und Landespolitiker gemeinsam sitzen, um Lösungen für die Unterbringung der wachsenden Zahl an Flüchtlingen zu finden.
Sie wollen die Regierung also stärker unterstützten?
Mir geht es darum, Zusammenarbeit anzubieten, wo sie möglich ist, aber auch klar Nein zu sagen, wo wir anderer Meinung sind.
Wo sagen Sie Nein?
Die SPD will die Zahl der Polizisten von heute 8 200 auf 7 800 reduzieren und das bei einer angespannten Sicherheitslage im Land. Wir als CDU sind klar gegen jeden Stellenabbau. Für die Grenzregion wäre eine zusätzliche präsente Sondereinsatzgruppe von 100 Polizisten nötig. Wir müssen beim Thema Sicherheit klare politische Signale an die Bürger senden. Personalabbau ist falsch.
Welches Signal sendet die CDU beim Thema Bildung?
Auch hier sind wir ganz anderer Meinung als die Regierung, die mit ihrer Überarbeitung der Rahmenlehrpläne wieder einmal Unruhe in den Schulen stiftet. Wir haben über 800 Schulen im Land. Ich glaube, die Lehrkräfte vor Ort wissen am besten, wie sie bei der Wissensvermittlung Erfolge erzielen. Wir als Politiker sollten ihnen vertrauen statt sie mit neuer Strukturdebatte zu belasten.
Was ist denn die Schul-Aufgabe der Landespolitik?
Die Schulen gut auszustatten und zu erklären, welche Leistungen erreicht werden sollten. DenWeg dorthin sollten die Schulen mit ihrem Fachwissen selbst bestimmen können.
Sehen Sie die Braunkohleverbrennung auch als Brückentechnologie?
Nein. Ich sehe sie als Technologie.
Das heißt konkret?
So lange keine andere Technologie in Sicht ist, die einen bezahlbaren Strom, der immer verfügbar ist, sicherstellt, sollte von keiner Brücke gesprochen werden. Fakt ist: Wir brauchen die Braunkohle, die hier in der Lasitz tausende Jobs sichert. Ich sehe in absehbarer Zeit keine andere Technologie.
Wird die Kreisgebietsreform kommen?
Es muss eine Diskussion über Strukturveränderungen geben. Es ist aber falsch, die Zahl der neuen Kreise vorzugeben und dann erst Gespräche mit den Bürgern vor Ort anzubieten, wie das die Regierung will. Die Entscheidungen müssen im Dialog mit den Menschen vor Ort, nicht in Potsdam wachsen. Zudem müssen die Aufgabenverteilungen und Finanzierung klar sein. Cottbus ist als „Braut mit negativer Mitgift“ sicher nicht attraktiv für den Landkreis. Im Übrigen werfe ich der SPD, die vor der Wahl diese Reformabsicht unterm Teppich versteckt hielt, Wählertäuschung vor. Diese Art der Politik, die Bürger nicht mitnimmt, schadet der Politik als Ganzes. Wer Beteiligung will, darf so nicht mit dem Wähler umgehen.
Eines Ihrer Fachgebiete ist das Thema Demografie. Blicken Sie sorgenvoll in die Zukunft?
Demografie wird zu stark nur negativ betrachtet. Ich will die Geburtenrückgänge nicht schönreden. Das sind Fakten. Aber das Thema bietet auch viele Chancen einer neuen Gestaltung. Ich beschäftige mich mit der Zukunftsforschung. Wir als CDU werden durch das Land touren, um Ideen zu entwickeln, wie unsere Städte und Dörfer keine Angst vor dem Bevölkerungsrückgang haben müssen.
Sie sind bekennender Wanderer. Welches Ziel empfehlen Sie im Heimatkreis?
Ich werbe immer für den Kutschenberg, den ich von meinem Garten in Ortrand aus sehen kann.
Warum?
Er mit 201 Metern der höchste Berg Brandenburgs, und ich bin hier viel mit meiner Familie unterwegs, um mal abzuschalten. Übrigens gehört ein Berg ab 200 Meter Höhe definitiv zum Mittelgebirge.
Sie haben in Ihrem Wahlkreis vier Direktmandate in Folge gewonnen. Woran liegt diese Beliebtheit?
Ich kann zuhören und stelle mich für die Bürger auch gern in den Sturm.
Schreibe einen Kommentar