Cottbus. Es kommt nicht recht in die Gänge, das Cottbuser Schauspiel mit seinen drei(!) Direktoren. Wie auch an anderen Häusern der Republik tut sich die hiesige Regieetage schwer, nach Corona den festgesponnenen Kokon der Selbstliebe zu sprengen und zum Publikum zurückzufinden. Das hofft auf gut gespielte Stücke, bekommt aber überformte Klassik oder gleich vom Regisseur Selbstverfasstes. Leicht gleitet Derartiges am Publikum vorbei. Wenn gar nichts mehr ging, ließen früher die Schauspieltruppen auch auf Cottbuser Holzbühnen vorm Berliner Tor den Bären tanzen, und der Beifall toste. Armin Petras, einer der drei Direktoren und „münchhausen“-Autor, versucht jetzt sein Werk vorm Eisernen Vorhang mit einem Löwen zu retten. Der tanzt bemerkenswert, denn im Fell steckt ein grandioser Schauspieler namens Manolo Bertling, der sich als neues Mitglied im Ensemble vor dünn besetztem Parkett produzieren musste. Eine Premiere vor fast leerem Gestühl gab’s seit Jahrzehnten nicht. Eine derartige Fehldisposition ist fast nicht entschuldbar. Auch wenn sich der Text von Petras passagenweise nett und gar originell anhört – für mehr als eine Brigadefeier reicht er mit seinen Zutraulichkeiten in die ersten Zuschauerreihen nicht. In der Ströbitzer Theaterscheune, wo Direktor Nr. 2, Philipp Rosendahl, tags zuvor „Der große Gatsby“ singen und spielen ließ, waren die Tische gut besetzt, und das Ensemble zeigte im musicalartigen Ausflug brillante Leistungen. Kai Börner war der millionenschwere befiederte Lover, dem Daisy (Ariadne Pabst) und die anderen Flitter-Girls zufliegen. Champagner fließt. Tolle Songs von Mercurys „Great Pretender“ bis „Kling Klang“ von Keimzeit (Musik: Torsten Drücker) passen zu ausgeflippter Garderobe von Philipp Basener, und alles könnte zum Feuerwerk aufblitzen, aber die Zündung passiert nicht. Das Publikum schaut still. Es vermag nicht nachzuvollziehen, was da läuft. Denn Rosendahl hat vergessen, dass er exakt für diese Leute hier im entkeimten Dorfgasthof arbeitet. Sie kennen den Roman von Fitzgerald nicht. Es hätte genügt, die schöne Erzähler-Rolle von Nick (Markus Paul) etwas auszubauen und die kahle Bühne hinreichend aufzuflittern. Der Ort hat nämlich keineswegs a priori den morbiden Abglanz irren Über- flusses, den die geniale, hier jedoch verballerte Geschichte aber braucht. J.Hnr.
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