Jeder soll den Strukturwandel in seinem persönlichen Umfeld erleben / Oberbürgermeister Tobias Schick meldet sich aus dem „Tagebau Mitte“ und lobt die Ostsee-Entwicklung: Im Sommer beginnt der Bau der Seeachse.
Cottbus (hnr.) „Willkommen in Cottbus und im ‘Tagebau Mitte’“, begrüßte Oberbürgermeister Tobias Schick am Mittwoch tausend geladene Neujahrsgäste in der Stadthalle, darunter alte und neue Minister, viele Abgeordnete aller Ebenen, Unternehmer, Wissenschaftler, Lehrer, Ehrenamtler – kurz: die große kommunale Familie und viele Freunde.
Ehe die Stadthalle, damals ein „Schwarzbau“, stand, war sie einige Jahre Baugrube, öde wie später die ganze Promenade. Die Leute sagten damals „Tagebau Mitte“ und verfolgten, kommentierten und bewerteten emsig, was geschah oder nicht geschah. So sind die Cottbuser und so bleiben sie. Die Stadthalle wurde fertig. „Das 50. Jubiläum ihrer Eröffnung fällt auf den Tag der Deutschen Einheit, den wir dann zum 35. Mal in großer Dankbarkeit begehen dürfen“, freute sich der OB. „Eine feine Ironie unserer Geschichte. Wir feiern mit der Stadthalle einen Teil des damals neuen, sozialistischen, wenngleich so nicht im Plan gestandenen Stadtzentrums. Erinnerungen bleibt ein wichtiger Teil unseres Lebens mitten im Herzen unserer Heimatstadt.“ Welch ein Bekenntnis zu dieser Stadt von einem jungen Oberbürgermeister (45 Jahre), dem ein noch deutlich jüngeres Team zur Seite steht!
Weiter der OB: „Wir werden 2025 entscheidende Weichen stellen für unsere Stadtentwicklung insgesamt, für die Innenstadt, speziell für die Stadtpromenade. Interimslösungen haben den Nerv vieler von uns getroffen. Der Kommunale Entwicklungsbeirat wird im Frühjahr seine Empfehlung zu Gestaltung und Bebauung der Fläche vorlegen. Die Fläche zwischen Stadtforum K und der Stadthalle wird einmal mehr ihr Gesicht verändern. Und das gilt auch für weite Teile der Stadt für die kommenden Monate und Jahre. Cottbus ist eine Stadt im Aufbruch.“
Tobias Schick geht neue Aufgaben geradezu euphorisch an. Den wesentlichsten Impuls für seinen Optimismus habe ihm und der ganzen Stadt im letzten Jahr der so überaus erfolgreiche FC Energie gegeben. „Die Stimmung ist so gut wie zur Zeit des legendären Pokalfinales“ freut er sich. Und die Zeichen seien gut in allen Stadtteilen: „Schauen wir nach Osten nach Sandow und dem Ostsee, schauen wir nach Westen zum ICE Bahnwerk in Ströbitz, schauen wir nach Norden nach Schmellwitz oder nach Sachsendorf im Süden. Speziell dort werden wir nun Rückbauflächen aktivieren und manchen Bauwunsch möglich machen. Das Land hat hier erste Fesseln gelöst, ohne dass wir Fördermittel zurückzahlen müssen. Hier ergeben sich neue Perspektiven für die Stadtteile, die unter Abriss gelitten und dazu noch die meisten Aufgaben der Migration und Integration getragen haben.“ Es komme darauf an, dass nicht nur von Milliarden aus dem Strukturwandel gesprochen werden – davon fließe kein Euro durch das Rathaus – sondern dass jeder das Schöne und Neue erleben könne. „Wir haben 2025 Investitionen in Höhe von mehr als 56 Millionen (inkl. Fördermittel) Euro im Plan. Wir werden die Sanierung wichtiger Straßen vorbereiten. Für die Sanierung von Spielplätzen haben wir mehr Geld eingestellt. Und für die notwendige Geschwindigkeitsreduzierung im Bereich des Stadtrings ab Turbokreise ist der neue Förderbescheid da. Ziel ist es, im Sommer auch hier mit der Sanierung zu starten.“
Der Ostsee sei ein Symbol der Veränderungen in unserer Stadt, betonte Tobias Schick, und bekam auch da Beifall. Der Zielwasserstand ist erreicht. Nun gehe es hier um „moderne Stadtentwicklung mit neuen Stadtteilen, um Naherholung und Tourismus. Und natürlich um die Energiegewinnung und Versorgung mit Fotovoltaik und der Seewasserwärmepumpe und nicht zuletzt mit den Windrädern an einem Teil seiner Ufer. Dazu gehört die noch ausstehende Entscheidung, den Ostsee künftig als Speicher zu nutzen. Wir befürworten diesen Weg. Allerdings: Bis zum ersten Sprung in den See und zur ersten Bootstour wird es noch ein paar Jahre dauern. Wir bauen unterdessen die vielbesprochene Seeachse, Baubeginn wird im Sommer sein.“
Dann kam Tobias Schick, der in den letzten Wochen, wie er sagt, „sehr erfolgreich“ die Findungskommission für den neuen Intendanten des Staatstheaters geleitet hat, auf Brecht zu sprechen und dessen „Mühen der Ebene“. Es ist der Einstieg zum Abschnitt Wirtschaft. „Wir konzentrieren uns auf das Machbare und das jetzt zwingend Erforderliche. Für viele Entscheidungen der kommenden Zeit wird es wenig bis gar keinen Beifall geben.“ An dieser Stelle blieb der OB vage, forderte „schlankere Verfahren, weniger Selbstbeschäftigung und somit mehr Vertrauen in die kommunale Ebene und vor allem in die Unternehmer- und Handwerkerschaft. Wir haben im Haushaltsentwurf 2025 das Machbare eingetütet und wissen, das ist nicht genug.“ An die Debatte im Bund gerichtet, formulierte Schick: „Wer an der Schuldenbremse, komme was wolle, festhält, manifestiert die Investitionsbremse. Also lösen wir endlich den Klotz“.
Und weiter: „Unser Investitionsstau von fast einer Milliarde Euro ist bekannt. Ob in Schule und Kita, bei Straßen, Rad- und Gehwegen, Spielplätzen und, ja, auch bei Bürgerhäusern. Wir haben jetzt das Geld im Haushalt, um die Planung beispielsweise für das Bürgerhaus in Gallinchen in diesem Jahr (nach 25 Jahren) zu starten.
Wir müssen investieren, weil uns sonst der Spagat zerreißt, den wir in diesen Monaten zu bewältigen haben – der Spagat zwischen den Milliarden für die Strukturwandel-Leuchttürme, die in Cottbus errichtet werden, und eben gerade nicht für den Straßen- oder Schulbau. Wir alle kennen das Sprichwort: am Fuße des Leuchtturms ist es am dunkelsten.“
Weiter führte der OB aus: „Wir stellen fünf Millionen Euro für die Instandhaltung an Schulen und Kitas zur Verfügung. Hinzu kommen drei Millionen für Straßen und Gehwege. Das bleibt leider zu wenig. Hier brauchen wir Unterstützung von Bund und Land. Wir werden das Grundschulzentrum Hallenser Straße zum Schuljahresbeginn eröffnen. 22 Millionen Euro hat der Bau gekostet, 16,5 Millionen sind aus 6 verschiedenen Fördertöpfen von Bund und Land gekommen. Wir wünschen uns eine Entschlackung und Vereinfachung der Zuwendungsmodalitäten aus einem Guss.
Die Theodor-Fontane-Gesamtschule ist nach drei Bauabschnitten nun vollständig saniert. Schüler- und Lehrerschaft haben viel auf sich genommen, um den Bau voranzubringen. Respekt und Anerkennung dafür.
Nächsten Freitag werden wir die neue Rettungswache, die im Zeitplan und im Budget von sechs Millionen Euro, in der Nachbarschaft unserer Medizinischen Universität entstanden ist, eröffnen. Die Planungen für die Schmellwitzer Oberschule laufen. Für die Grundschule Dissenchen soll ab diesem Sommer ein zweigeschossiger Anbau entstehen.“
Zuletzt fasste der OB, von viel Beifall bedacht, zusammen: „Wir sind die Lokomotive des Wandels in der Lausitz und verstehen uns dabei nicht als Bittsteller. Wir haben genügend Selbstbewusstsein und fordern Unterstützung ein. So wie sich unser FC Energie seinen Aufstieg verdient hat, so hat es die Region verdient, beim Strukturwandel mit allen Projekten erfolgreich zu sein. Dieser Lauf muss weiter gehen!“
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