Von Traumstraßen oder romantischen Wegen und Plätzen melden sich Jürgen und Petra Heinrich aus ihrer rollenden Redaktionsstube im Wohnmobil.
Wir sind seit dem 5. September 2021 unterwegs, haben fünf Länder durchfahren und zuletzt Trogir, Split, die Insel Hvar, Mostar und Dubrovnik durchstreift. Auch die Grenzer von Montenegro lassen uns nach einem Blick auf das EU-Covid-Zertifikat im Handy mit freundlichem Nicken passieren.
Der Name sagt es: Montenegro hat vor allem Berge, die waldreich dunkel wirken, aber eben auch die helle Adriaküste und jede Menge Festungen. Nach ein paar sauberen Dörfern erreichen wir gleich einen Promi-Ort: Herceg Novi. Das liegt am Eingang der riesigen Bucht von Kotor; das beste Klima der mittleren Adria gefiel nicht nur Tito, sondern auch jetzt finden Staatstermine gerne hier statt. Die Fundamente der Festung aus dem 16. Jahrhundert umspült das Meerwasser. Im Bollwerk läuft heute Kino und Theater.
Die Straße führt mit schönen Aussichten und oft engen Kurven 40 km tief hinein ins dinarische Festland – das größte Hafenbecken im Mittelmeerraum. Noch am Rand liegt Perast. Am Ortseingang kassiert ein Lümmel 10 Euro (die Landeswährung) für eine Parkstunde. Zu erleben gibt es dafür wenig, denn eine Bootsfahrt zur Klosterinsel würde bei solchen Gebühren zu teuer. Die Jungs verderben sich gegenseitig das Geschäft. Nix los im Dorf der Palazzi und verschlossenen Kirchen, die teils nach dem Erdbeben von 1979 mit internationalen Hilfsfonds wieder aufgebaut wurden.
Ganz anders in Kotor, dem Ort, der dieser Bucht den Namen gibt. Auch hier ist die Altstadt nach 1979 wieder aufgestellt worden. Enge Gassen umgibt ein Wall, ähnlich wie in Dubrovnik. Er zieht sich sogar hinauf in die Berge. In der Altstadt drängen sich Restaurants, Kneipen, Cafés und vor allem – Straßenkatzen. Auf Fensterbänken, Weinfässern, Mülltonnen – überall lungern sie meist in Gruppen schläfrig, bis unser Hund sie aufscheucht. Die Stadt macht eine Marke daraus. Hauptsouvenirs sind Katzen – gedruckt, in Emaille, Holz, Stoff und sonst wie.
Das Edelste des Ortes aber sind Kleinode früher Architektur: der venezianische Uhrturm, das napoleonische Theater und gar die Kirche des Ortsheiligen Trifun, 1166 vollendet und mit erhaltenem romanischen Interieur. Sie ist Museum (3 Euro Eintritt), gelegentlich auch für Messen genutzt, denn der Bischof sitzt hier.
Unbeschwertes Mittelmeerfeeling finden wir am Kiesstand der Hotelstadt Petrovac. Touristen aus Serbien und dem Kosovo tummeln sich mit Einheimischen und einen Abend lang mit uns. Der Strand ist dichter gefüllt als in jedem Ostseebad, aber Sandburgen gibt es nicht.
Wir passieren Bar, eine Stadt aus Hochhäusern ohne Zahl, staunen über den Bauboom und eine unglaublich hohe Motorisierung. Auch in Ulcinj, der letzten Stadt an Montenegros Küste, dröhnen Mercedes-Karossen aller Baujahre vor den Strandcafés durch die Promenade. Viele Kosovo-Jungs posieren hier. Dass die Stadt schon 168 v. Chr. beim römischen Titus erwähnt wurde, wird sie nicht interessieren.
Freundlich wie sonst nirgends werden wir in Albanien begrüßt. Was uns nach Albanien führt, fragt die Grenzerin. Der Reiz des Landes liegt im Süden. Wie mit dem Lineal gezogen langweilt die Talstraße bis Tirana. Wir zweigen zuvor rechts nach Kruja ab. Eine Burgruine mit Museen ehrt Volksheld Skanderbeg (1405-68), der mit seinem Gefolge mehrfach die Osmanen schlug. Es heißt, Kruja sei deshalb das Herz Albaniens.
In der Hafenstadt Darres, quasi ein Zwilling von Tirana, begegnen wir erstmals den Römerspuren. Mitten in der Stadt wird ein riesiges Amphitheater ausgegraben. Im 2. Jahrhundert bot es 20 000 Leuten Platz. Schon in Byzanz (ca. ab 400) verfiel es, wurde Schanze, dann Friedhof und zuletzt Steinbruch. Erstaunlich, was dennoch freigelegt wurde. Ganz im Landessüden werden wir mehr über Rom erfahren.
Unesco-Siegel locken uns vorerst nach Berat, der „Stadt der 1000 Fenster“, und dann auf hervorragend ausgebauter Nationalstraße bei ganz wenig Verkehr und wechselnder Landschaft von Kleinfeldern zu großen Bergen nach Gjirobaster. Hier wie da kleben dicht an dicht enge Wohnhäuser an Hängen, aus grauem Stein gebaut, das Obergeschoss meist weiß gestrichen, was die großen, ins Tal blickenden Fenster betont. Die Siedlungsform, osmanisch geprägt, ist einzigartig und bewahrenswert, was unendliche Mühe erfordert. In Gijrobaster, wo auch die Dächer aus grauen Steintafeln bestehen, kommt zum Ortsbild noch die riesige Festung als Touristenmagnet hinzu.
Bis in die Zeit der alten Griechen führt uns die erwähnte, nun gänzlich verkehrsfreie Traumstraße in den Landessüden. Zur Ortschaft Butrint gehört ein riesiger Nationalpark, der in idealem Biotop zwischen Küste und Binnensee seltenen Pflanzen und Tieren Raum gibt, vor allem aber in den 1920er Jahren von Italienern freigelegten griechischen und römischen Bauwerken ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. Neben dem Theaer der Griechen erhebt sich der Palst des Äskulap, des Gottes der Medizin. Denn die römischen Kaiser schickten ihr Personal hierher zur Kur. Sie bekamen keine Heilmittel, sondern mussten hier schlafen und träumen. „Experten“ lasen, wie viel später Siegmund Freud, aus diesen Träumen und fanden Therapien. Die archäologische Stätte ist ein wenig bekanntes Kleinod.
Die Grenze zu Griechenland naht. Weite, bräunliche Berge sind kaum noch besiedelt, die Täler nicht bewirtschaftet. Am üppig ausgebauten neuen Übergang scheinen die Grenzer auf uns zu warten, sind freundlich und leger. Zwei Minuten, weiter geht’s auf breiten, soliden Straßen, rechts das Meer, links grüne Hügel, dann erste Siedlungen. Wir trällern: „Griechischer Wein ist wie das Blut der Erde…“ Pückler war ein Jahr lang hier und litt…
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