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Reisebericht: Es steht manch ein Haus in New Orleans

Reisen & Unterwegs | Von | 16. November 2018

Die Heimat des schwarzen Jazz feiert immer, jetzt besonders: sie hat 300. Geburtstag.

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Die „American Queen“ ist ein Nachbau alter Schaufelrad-Dampfschiffe auf dem Missisippi

New Orleans. Im Fenster der UNITED-Maschine taucht links eine grün-blau-fleckige Lagunenlandschaft auf, aus der eine Gruppe Hochhäuser aufragt. In vielen Schlingen windet sich der Mississippi durch die Fläche. Schließlich streicht der Flieger über ein sauber rechtwinklig geordnetes Gebiet freundlicher Einfamilienhaus-Parzellen, wie sie auch irgendwo in Deutschland stehen könnten. Wir landen in New Orleans.
Wenig Betrieb herrscht auf dem Flughafen der wieder knapp 400.000 Einwohner zählenden Stadt, die mal Hauptstadt von Louisiana war, vor allem aber Weltruf gewann mit dem New Orleans Jazz. Der scheppert hier überall- in den Cafés und Bars, auf den sonnigen Plätzen, in den dunklen Gassen, vor allem aber in der schrillen Altstadt.
Fast immer – aber nicht nur – wird er von Schwarzen gespielt, dieser kreolische Jazz, von dem die Leute hier sagen, er sei eine Kreuzung aus deutschem Blech mit afroamerikanischen Ragtime. Die

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In New Orleans wird immer und überall gut gegessen – entweder kreolisch-pikant oder, wie hier, frisch vom Meer die Austern

Deutschen waren einst, als sie mit ihren Blaskapellen hier siedelten, sehr angesehen; es gab sogar deutsche Straßennamen. Nachdem sie aber ein Jahrhundert mit zwei Kriegen belastet haben, kommen sie in der Stadtgeschichte praktisch nicht mehr vor. Und die wird gerade gefeiert. Vor 300 Jahren gründete ein Franzose den Ort und benannte ihm zu Ehren von Philipp II, Herzog von Orléans, „La Nouvelle-Orleans“ Schon 1721 kamen erste deutsche Kolonisten. Dann geriet die Stadt an Spanien und schließlich wieder zu Napoleon, der die ganze Kolonie 1803 für lächerliche 15 Millionen Dollar an die Vereinigten Staaten verkaufte.

Im besonderen Flair dieser quirligen Stadt ist bis heute ihr konfliktreiches Wachsen zu spüren. Im 18. Jahrhundert war der Hafen Umschlagplatz des Sklavenhandels. Hier gab es 50 Sklavenläden; keine Stadt hatte mehr. Aber zugleich gab es hier mehr freie Schwarze als anderswo. So wurde die Stadt mit Reichtum und Not zum Schmelztiegel amerikanischer Geschichte, aus dem die Musik aufstieg.
Bis heute ist die klingende Stadt voller Konflikte, und wenn an jedem Wochenende swingende Polonaisen durch die Stadtteile ziehen, heißt deren Losung: „Wir tun, was wir wollen!“ Und sie wollen immer feiern. Jedes Wochenende gibt es in dem Park, wo einst die Sklaven ihre afrikanischen Klagesänge anstimmten, ein Festival und das hat immer mit essen zu tun: Suppen-Festival, Nudel-Festival usw.
Sie feiern auch etwas den Zorn weg über schlechte Politik, der sie die Hauptschuld geben für die schlimmen Folgen der Hurrikan-Katastrophe vor 13 Jahren. „Katrina“ konnte wüten, weil es keinerlei

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Vom Konzert in der „Preservation Hall“ Nur zwei weiße Lampenschalen erhellen den Bühnenbereich, Ventilatoren darüber quirlen die Luft

Vorkehrungen gab. „Aber das Schlimmste“, sagt eine Einwohnerin: „Wir wurden allein gelassen. Sieben Tage und sieben Nächte kam keinerlei Hilfe von der Regierung.“
Es gibt keine offiziellen Angaben über die vielen Toten. „New Orleans ist heute eine andere Stadt mit anderen Leuten, aber mit gleicher Musik“, sagt die Frau. Aber empfinden sie noch in Westend Luis Armstrongs „Summertime, Fish is jumping“? Tatsächlich springen hier die Fische im flachen, unendlich großen Brackwassersee, und die Sonne geht malerisch unter, im letzten Licht am Bajoo (Altwasserarm) sitzen die Leute und essen pudergezuckerte Beignets (Pfannkuchen) mit icecream.
Nachts leben und klingen die Straßen der Altstadt. Wer hören und gut essen will, bestellt im Palm Court Jazz Café; wer nur Musik authentisch genießen will, stellt sich an der Preservation Hall an. Beide gehören zu den „zehn angesagtesten Lokalitäten“ der Altstadt. Während aber das Café geradezu bürgerlich anmutet, brennt in der Hall spartanisches Licht. „Das Konzert kostet 20 $, es gibt keine Drinks, nicht einmal Stühle. Gut 120 Leute fasst der kahle Raum. Putz bröselt, einige hocken am Fußboden, ein paar auf wackligen Bänken. Die meisten stehen. Hier spielen die, die grad mal nicht auf Welttournee sind, und sie genießen leger ihr Heimspiel: Klavier, Posaune, Bass, natürlich Klarinette, Trompete, Drums, Gitarre. Großes Hallo zu jedem angespielten Titel. Der Posaunist singt und versinkt in Erinnerung. Alle zieht er hinein in seine Welt, die Musiker mit ihren Einsätzen, die Hörer, alle. Eine Stunde dauert solch eine Session, dann füllt sich der Blecheimer mit Dollarnoten. Draußen ist die Schlange schon wieder lang – so wie Nacht für Nacht.

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Keine Straße, kein Platz ohne Jazzband

Entlang dem Mississippi-River präsentieren sich tags junge Bands. Nachts schlendern einzelne Touristen. Es gibt nur noch ein einziges echtes Dampfschiff. Wenn die „Natchez“ ausläuft, schallen von der Dampforgel die alten Lieder über aller Dächer, und auch die Passagiere in der weltältesten Straßenbahn (ab 1860, anfangs von Pferden gezogen) recken ihre Hälse.
Der Stolz von Louisiana aber
ist das Steamboat „Amerikan Queen“, ein Revival-Exemplar der Zeit von Tom Sawyer, Huckleberry Finn und der O‘Haras aus „Vom Winde verweht“ Mit dem Dampfer begeben wir uns stromauf in die weiten von Louisiana, Mississippi und Tennessee, wo aus Jazz und Blues der Rock‘n Roll wurde…

Eine Beitragsfolge von Petra und Jürgen HEINRICH

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