Energiekrise bedroht das Handwerk

Politik zeigt sich gesprächsbereit / Konkrete Lösungen sind nicht in Sicht.

Energiekrise
Lausitzer Handwerker reisten am 4. Oktober  2022 nach Groß Kreutz zu Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, um auf die Probleme ihrer Gewerke durch die Energie- und Rohstoffkrise aufmerksam zu machen. Nach dem Treffen zeigten sich die Handwerker überwiegend desillusioniert. F.: HWK

Region. Am Dienstag (04.10.2022) diskutierten Südbrandenburger Handwerker mit Wirtschaftsminister Steinbach in Groß Kreutz bei Potsdam über die aktuelle Energie- und Rohstoffkrise. Das Handwerk ist in allen Branchen betroffen: Bäcker, Fleischer, Kfz-Betriebe, Metallbauer, Tischler, Elektriker, Maurer, Dachdecker, Friseure oder auch Maler und Lackierer sowie Gebäudereiniger. Gestörte Lieferketten, Materialengpässe, steigende Inflation und Kaufzurückhaltung belasten das Handwerk bereits seit Monaten schwer.
Entlastungen sind zwar angekündigt, aber nicht in greifbarer Nähe. Wie weiter im Handwerk fragen sich nicht nur Betriebsinhaber, sondern auch deren Beschäftigte und Auszubildende.
Wirtschaftsminister Steinbach hatte eine klare Botschaft für das Handwerk: „Wir werden nicht mehr zu den Strompreisen von 2020 zurückkehren. Unternehmen sollten sich für die Zukunft auf den doppelten Strom- und den dreifachen Gaspreis einstellen. Der Krieg in der Ukraine hat eine Rezession ausgelöst und wir haben eine zusätzliche strukturelle Krise.“ Die Investition in erneuerbare Energien sieht er als die Chance, um Strom künftig preiswerter anzubieten. Um der Energiekrise entgegenzuwirken werden zur Zeit Gaslieferungen aus Norwegen genutzt, LNG-Gas für schwimmende Terminals und ein jährlicher Zubau von Wind- und Solarenergie an Land gehören künftig zu den Strategien, um den Bedarf zu bedienen. Die Empfehlung für Handwerker: sich mit langfristigen Verträgen für zwei bis drei Jahre mit Energie zu versorgen, Rahmenverträge durch Innungen mit einem Größenvorteil zu regenerieren, oder auch energieintensive Anlagen abzustellen.
Einen energieintensiven Betrieb führt Bäckermeister Tobias Exner aus Beelitz mit Geschäften in Berlin und Brandenburg. Er schilderte die Verzehnfachung seiner Energiekosten seit 2020. „Doch auch die Kosten für Zutaten wie Zucker und Mehl sind gestiegen. Wenn ich die Preise an den Kunden weitergeben würde, müsste das Brot sieben oder acht Euro kosten. Um Geld zu sparen, würden die sich ihr Brot beim Discounter kaufen. Wenn der Staat nicht schnell handelt, wird es viele Bäckereien nicht mehr geben“, mahnt der Beelitzer Bäckermeister.
Ein Cottbuser Bäcker hat darauf bereits reagiert und bäckt nur noch zweimal in der Woche Brot.
Thomas Knott, Geschäftsführer der Autohaus Knott GmbH, äußerte sich zum Sanktionskurs der Bundesregierung gegen Russland: „Unsere Bundespolitiker verpflichten sich mit dem § 56 des Grundgesetzes, dass sie ihre Kraft dem Wohle des Deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren und Schaden von ihm wenden. Am Vorgehen der Bundesregierung bei der Unterstützung der Ukraine kann ich nicht erkennen, dass die Bundesregierung diesen Grundsatz wahrt. So katastrophal die Entwicklung in der Ukraine ist, bin ich nicht dafür, dass dorthin schwere Waffen geliefert werden. Wir haben alle Gründe, uns heraus und neutral zu halten und nicht noch zu befeuern. Ich sehe, dass die Bewegung auf unseren Straßen immer stärker wird. Wenn die Regierung an der bisherigen Handlungsweise festhält, wird sie die Probleme nicht lösen. Hier ist genauer hinzuschauen, ob wir das zukünftig noch stemmen können. Denn von mir als Unternehmer, 37 Jahre am Markt, mit über 60 Mitarbeitern, kann keiner verlangen, dass ich tatenlos zusehe, wie man mein Unternehmen abwickelt. An der öffentlichen Diskussion, wie kompetent die entsprechenden Wirtschaftsspezialisten in unserer Regierung sind, will ich mich nicht beteiligen. Ich spreche von Unternehmern, die heute nicht dabei sein können: Wir werden uns das nicht gefallen lassen!“
Hans-Peter Lange, Präsident des Landesverbandes des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes Berlin-Brandenburg e.V.: „Die Politik gibt uns Empfehlungen, wie wir uns in der Energiekrise verhalten sollten, in dem wir Waschlappen statt Duschen benutzen, oder auf die Weihnachtsbeleuchtung verzichten
Gleichzeitig wird die Elektromobilität als die Vision hervorgehoben. Unser schönes Deutschland ist durch die Automobilindustrie groß geworden. Daraus entstanden die Innovationen. Die Diesel und Benziner sind mittlerweile Auslaufmodelle, aber was wir zurzeit machen, ist ein Irrsinn. Wir wollen Millionen Elektroautos laden. Eine Infrastruktur dafür ist nicht vorhanden. Wenn ich das bei mir in Vetschau sehe, wenn sie dort zehn Autos laden, brauchen sie im Winter keinen Schneeschieber mehr, weil sie draußen eine Fußbodenheizung haben.“
Gerald Krüger, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Dahme-Spreewald: „Durch die EEG- Umlage haben wir alle bereits seit dem Jahr 2000 eine Ökostromumlage geleistet, um den Ausbau von Solar-, Wind-, Biomasse- und Wasserkraftwerken zu finanzieren. Wie lange lassen wir uns jetzt noch unseren Strompreis vom Gaspreis diktieren? Wir fordern eine Entkopplung!“
Corina Reifenstein, Präsidentin der HWK Cottbus: „Das gesamte Handwerk ist seit zwei Jahren im Krisenmodus. Wir haben noch einen Auftragsvorlauf, aber nicht genügend Fachkräfte. Uns fehlt Material und für den Nachschub müssen wir einen bedeutend höheren Preis zahlen. Wenn wir den Auftrag für den Neubau eines Eigenheims unterzeichnen, haben wir eine feste Preiszusage, da auch der Bauherr einen festen Finanzierungsvertrag eingeht. Wir haben in den meisten Fällen keine Chance, diese Preise zu kompensieren. Deshalb sind wir Handwerker sensibel, wenn uns von der Politik geraten wird, den Gürtel enger zu schnallen.
Ich entscheide als Unternehmerin nicht nur für mich, sondern auch für 50 Mitarbeiter, deren Ehepartner und Kinder. Diese Verantwortung tragen wir zusätzlich.“

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