Lebensqualität in der Stadtpromenade Cottbus

Russische Behaglichkeit am Samowar – Die Teestube und alles andere in der Stadtpromenade war Teil der Lebensqualität.

Stadtpromenade Bau der Pavillons 1975 2
Bau der Promenaden-Pavillons im Jahre 1975
Stadtpromenade Teestube Lipezk nach 1975 Postkarte
Die fertige Teestube auf einer ersten Ansichtskarte

Diesmal von Jens Pumpa aus Cottbus zunächst die Fakten: „Die Pavillons wurden im Herbst 1977 nach längerer Bauzeit fertiggestellt. Sie entstanden als Gruppe von sieben Bauten zwischen der Wohnscheibe und dem ehemaligen Stadtwall nach Entwürfen der Architekten Gerhard Guder, Werner Fichte und Ewald Jantke (siehe NIEDERLAUSITZ-Buch 20-24 mit Würdigung Gerhard Guders zum 100. Geburtstag). In den mit Laubengängen verbundenen Pavillons befanden sich die Kunstgalerie ‘Carl Blechen’, die Teestube ‘Lipezk’, das Café ‘Cubana’, der Industrieladen ‘Lausitzer Glas’, der Industrieladen des TKC, die Schmuckfiliale ‘Rubin’, ein Zeitungsladen, ein Schallplattengeschäft und im Untergeschoss die Disco ‘Stadtkeller’ sowie das Bowlingzentrum. 2007 musste alles weichen.“ Die vielen weiteren Zuschriften – hier einige Auszüge – sind von Erinnerungen geprägt. Ramiro Lehmann vom Schulweg in Cottbus schreibt: „Es ist ja ‘Lipezk’ erkennbar, und das war eine Teestube, klein und gemütlich. Markant waren Samoware auf dem Tresen. Hausspezialität war ‘Suchumi’ – eine Tee-Wein-Mischung.“ Auch Frank Häder aus der Spremberger Straße in Forst erinnert sich an „die Teestube ‘Lipezk’; Café ‘Cubana’ und der Plattenladen waren links daneben.“ Sehr Persönliches teilt Nadine Sommerfeld mit: „Die Innenausstattung der Teestube wurde in der ‘Raumgestaltung’, Betriebsteil Laasow, hergestellt. Mein Vater hat damals die Lampen dafür gefertigt. Als Kind habe ich ihn beobachtet, wie er auf der Hobelbank die guten Stücke gefertigt hat. Ein Exemplar (Foto unten) hängt immer noch in der Werkstatt.“ Irina Lehmann aus der Räschener Straße in Cottbus schwärmt: „Da gab es tatsächlich Tee aus dem summenden Samowar. Ein Café gab es da auch. Das hieß aber ‘Cubana’. Schade drum. Die Restaurants und die ‘Mokki’ waren immer gut besucht, so spontan waren schwer Plätze zu finden.“ Angelika Regel, Alte Wiesen in Cottbus/Döbbrick erklärt: „Ich war nie drin, da ich lieber Kaffee trinke, und das konnte man gut im ‘Cubana’ oder im wunderschönen ‘Stern’. Schade dass es alles nicht mehr gibt!“ Michael und Maria Fuchs Georg-Schlesinger-Straße, Cottbus, schreiben: „Wir haben uns sehr über das Foto gefreut. In der Teestube ‘Lipezk’ haben wir am 21. August 1985 unsere Hochzeit gefeiert. Die Mitarbeiter haben uns und unsere Gäste mit einem tollen Mittags- und Abendbüfett verwöhnt. Aus der Milch-Mocca-Eis-Bar ‘Kosmos’ kamen die Kuchen und Torten für unsere Feier. Die Lokale trugen sehr zur Lebensqualität in Cottbus bei und wurden gern genutzt, zumal das zu erschwinglichen Preisen möglich war.“ „Das Foto vermittelt ein geordnetes, sauberes und vor allem ansehnliches Areal im Cottbuser Stadtzentrum“, meint Herbert Ramoth. „Auch die Läden sind intakt. Ich erinnere mich noch sehr an die vielen erlebnisreichen und spannenden Bowling-Veranstaltungen hier im Familienkreis oder mit

Stadtpromenade 2010 02 16
Die aufgegebenen Pavillons im Jahre 2010

Freunden und Kollegen. Auch die Teestube ‘Lipezk’ (Lösung ist C) war sehr gefragt. Was aber dann aus dem Stadtzentrum gemacht wurde, spottet jeder Beschreibung. Das haben die Cottbuser nicht verdient!“
Manfred Gnida aus Spremberg nennt ebenfalls die vielen Promenaden-Adressen. „Mit meinem Schulrussisch noch lesbar ist die Teestube ’Lipezk’, das ist der Name der Partnerstadt in Russland. Leider wurde auch dieser Pavillon für das nachkriegsmoderne Cottbus mit ‘Blechen-Carré“ Opfer der Abrissbirne.” Manuela Fischer meint: „Eine Aufnahme, an die sich viele Cottbuser erinnern. Der Name der Teestube war Ausdruck der deutsch-sowjetischen Freundschaft. Eine Tanzbar mit gegenüberliegender Bowlingbahn war im Kellergeschoß. Schöne Stunden dort sind in bleibender Erinnerung. Im Stoffhaus oben war ich Stammkundin; Not macht erfinderisch und kreativ. Viele schöne Kleidung wurde selbst geschneidert.“ Auch Klaus Reiter aus Cottbus erinnert sich an „frisch aufgebrühte Teesorten und ‘Suchumi’ aus dem großen Samowar. Man sollte nach alten Plänen die Promenade wieder so herstellen wie sie war.“ Auch Günther Aschenbach „kann ja die kyrillischen Buchstaben lesen. Es handelt sich um die ‘Teestube Lipezk’, welche nach einer russischen, damals sowjetischen Partnerstadt von Cottbus benannt wurde. Wie wir wissen, sind ja die gesamten Bauten diese Bereiches abgerissen worden und die Brache blieb jahrelang ein Schandfleck.“ Dieter Leubauer erfreut uns wieder mit besten Bildern: „Der Flachbau (Pavillon) links auf dem Foto ist die Teestube ‘Lipezk’. Den Bau habe ich 1975 mit einigen Fotos dokumentiert. Ein (Museums-)Postkartenfoto zeigt dann das fertige Gebäude mit der Teestube. Nach der Wende erfolgte wohl bald die Umbenennung in ‘Promenadeneck’. Das belegt mein Foto von 2010. Aber da wurde das Gebäude sicherlich schon lange nicht mehr genutzt.“ Es verschwanden die Pavillons, die Fußgängerbrücke, der Springbrunnen, das Sternchen… Nach langen Jahren scheint nun endlich die Neugestaltung dieses Bereiches der Stadtpromenade langsam in Gang zu kommen.“ S. Sachse hat sich lieber „eine Ecke weiter in der ‘Molle’ im Erdgeschoss der Wohnscheibe zum Skat verabredet aber auch einen kleinen Snack in der Teestube“ nicht verschmäht. Man traf dort meist Bekannte „aber die haben nicht vorwiegend Tee geschlürft. Es herrschte einfach ein behagliches Ambiente und der Laden war, solange es ihn gab, immer professionell geführt. Aber sowas musste sich ja damals nicht ‘rechnen’. Wer hat sich schon mit Betriebs- und utopischen Personalkosten quälen müssen…“ Guten Tee gibt’s heute übrigens vielerorts.

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