Jemand rief Donnerstag in der Mittagsstunde zwischen zwei Lärm-Intervallen der letzten Rasenmahd übern Gartenzaun: „Wenn Klimawandel so geht, find ich den ok.“ Der goldene Herbst in diesem Jahr hat offenbar seine Fans. Immerhin: Der Junge schiebt noch seine Rasenmäher. Tausendfach sind nur noch die Roboter unterwegs, die Vorboten des Kunstrasens. Der ist noch pflegeleichter, und lästige Gänseblümchen kommen da gar nicht erst auf.
So schön dieser Herbst sein mag – er ärgert auch manche Leute mit den ungeordnet herabfallenden Blättern. Die Menschenstimmung gleitet mehr in Richtung bequemen Komforts. Dass jeden Tag (!) 150 Tiere und Pflanzen von dieser Welt verschwinden, stört weniger als das ewige Blätterrascheln. Und Mücken gibt’s allemal genug.
Die UN-Biodiversitätskonferenz diese Woche im fernen Kolumbien sieht das anders. Und Charlotte Gerling, letzten Sonntag für ihre Doktorarbeit mit den Max-Grünebaum-Preis ausgezeichnet, sicher auch. Sie forscht über die „Biodiversity“ also Artenvielfalt, im Klimawandel. Aber das nicht schlechthin, sondern sie will die Dinge komplex klären: Klimawandel, Artenschutz, Ökonomie – das muss alles zueinander passen. Die Cottbuserin hat dazu weltweit publiziert und auch Lösungen angeboten, mit denen politische Entscheider etwas bewegen könnten. Jetzt fiel ihr dafür der mit 5.000 Euro dotierte Grünebaum-Preis zu, kurz davor schon der 10.000 Euro schwere „Roman Herzog Forschungspreis Soziale Marktwirtschaft“. Ein wahrlich goldener Herbst für die öko- und logisch denkende Klimawissenschaftlerin.
Dass der Nachbar seine Wiese pflegt, ist auch gut. Hoffentlich nimmt sie ihm niemand weg, um da Beton auszubreiten. In Deutschland kommt das oft genug vor. 52 Hektar Grünland werden täglich (!) zu Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewidmet. Das sind 70 Fußballfelder. Jeden Tag. Macht nun der Klimawandel oder die Politik die Arten kaputt? Gute Frage im goldenen Herbst. J.H.
Weitere Kommentare finden Sie hier!
Schreibe einen Kommentar